Die Hamburger Berenberg-Bank wird durch die »Panama Papers« belastet

Ein Briefkasten für die Hizbollah

Die Berenberg-Bank galt bislang als seriöses hanseatisches Traditionsunternehmen. Die Veröffentlichung der »Panama Papers« hat dies geändert.

An dem Bürogebäude weist nur ein kleiner Schriftzug darauf hin, wer hier Geschäfte macht. Seit Anfang April die ersten Berichte über die »Panama Papers« erschienen, dient das unscheinbare Haus zur Bebilderung zahlreicher Medienbeiträge. Ein Bild aus dem Inneren der Bank zeigt die beiden persönlich haftenden Gesellschafter und ­Geschäftsführer der Berenberg-Bank, Hans-Walter Peters und Hendrik Riehmer. Sie halten zusammen 26 Prozent an der Kommanditgesellschaft, die Familie Berenberg verfügt über 30 Prozent, Jan Philipp Reemtsma und der Erbprinz zu Fürstenberg besitzen je 15 Prozent, die Compagnie du Bois Sauvage hält zwölf Prozent.
Das gediegene Ambiente im Inneren der Bank signalisiert: Hier geht es nicht um Gehaltskonten und Sparbücher. »Verantwortungsvolles Handeln ist unser Prinzip«, lautet das Motto, »ob bei der Betreuung des Vermögens, der unabhängigen Beratung in Immobilienangelegenheiten, bei Finanzierungsfragen, beim Kauf oder Verkauf von Unternehmen, bei einem Börsengang oder einer Kapitalerhöhung.«
Durch die Veröffentlichung der Panama Papers wurde ansatzweise bekannt, wie das »verantwortungsvolle Handeln« aussieht. In den 2,6 Terabyte umfassenden über elf Millionen Dokumenten der Finanzkanzlei Mossack Fonseca aus Panama-Stadt fanden Recherchierende der Süddeutschen Zeitung, des NDR und WDR sowie von Medienpartnern in aller Welt auch Datensätze über 28 deutsche Banken. Das Datenleck bietet einen Einblick in die Schattenwirtschaft der Briefkastenfirmen in sogenannten Offshore-Ländern. Das Prinzip ist einfach: Eine Firma, nur bestehend aus einer Anschrift und einem Eintrag ins Register, wird in einem kleinen Land mit niedrigsten Steuersätzen und starkem Bankgeheimnis angemeldet, um dorthin formal Firmensitz und Vermögen zu verlegen. Schon sind die Steuern am wirklichen Tätigkeitsort umgangen. Finanzkanzleien liefern das nötige Wissen, Banken stellen Konten und Kreditkarten für den Zugriff aufs Geld bereit.
Ende 2015, nach ersten großen Enthüllungen durch US-Medien über die Einrichtung von Offshore-Konten bei Mossack Fonseca, beendete die Berenberg-Bank offiziell die Geschäftsverbindungen zu der Finanzkanzlei in Panama-Stadt. Das Land Nordrhein-Westfalen hatte 2014 eine CD mit Daten über eine große Zahl in Panama verwalteter Schwarzgeldkonten, die von deutschen Banken vermittelt wurden. Die Berenberg-Bank wurde von der Steuerfahndung noch nicht überführt. Allerdings geht offenbar aus den Panama Papers hervor, wie eng die Verbindungen der Hamburger Privatbank und ihrer Tochtergesellschaften nach Panama waren. In einer E-Mail von Mossack Fonseca heißt es etwa, man pflege »sehr gute Beziehungen mit dieser Bank, und der Kundenservice ist erstklassig, daher empfehlen wir unseren Kunden diese Bank ausdrücklich«. Insgesamt haben NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung bei der Auswertung der Panama Papers 13 Briefkastenfirmen bei Mossack Fonseca identifiziert, die Tochtergesellschaften der Berenberg-Bank in Zürich und in Luxemburg vermittelt haben. Die Berenberg-Bank hat daneben 76 Konten für Offshore-Firmen eingerichtet, über die in den vergangenen Jahren Umsätze in Milliardenhöhe geflossen sein sollen.
Für eine Bank, die großen Wert auf ihre Tradition legt, sind solche Nachrichten unangenehm. Auf den Briefbögen der Berenberg-Bank steht »Privatbankiers seit 1590«. Von der gleichnamigen Kaufmannsfamilie gegründet, gilt die Bank als zweitälteste der Welt. Auf der Feier zum 425jährigen Bestehen im vergangenen Jahr hielt Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) die Jubiläumsrede. »Es geht natürlich darum, dass man sich sehr stark mit der Bank, mit der Historie identifiziert, und dass man seinen Kunden auch diese Wertigkeit weitergibt«, sagte der Geschäftsführer Peters zu diesem Anlass dem NDR.
Nach der Veröffentlichung der Panama Papers hat die Hamburger Privatbank zwar Geschäfte mit Briefkastenfirmen im Ausland bestätigt. »Dies steht selbstverständlich im Einklang mit den gesetzlichen Regelungen, erfordert jedoch höhere Sorgfaltspflichten auf Seiten der Banken«, betonte Pressesprecher Karsten Wehmeier. Die Bank wisse stets, wer der wirtschaftlich Berechtigte sei, der hinter einem nach außen anonymisierten Konto stehe.
Einer von ihnen heißt Martin Lustgarten. »Der gebürtige Österreicher stand im Verdacht, über ein unübersichtliches Geflecht an Briefkastenfirmen bis zu 100 Millionen US-Dollar für Drogenkartelle in Mexiko und Kolumbien sowie für paramilitärische Gruppierungen gewaschen zu haben«, so ein NDR-Bericht vom 4. April. »Im Frühjahr 2015 schlugen die Fahnder der amerikanischen Drogenpolizei DEA zu und beschlagnahmten nach langjährigen Ermittlungen zahlreiche Konten von Lustgarten und mutmaßlichen Komplizen. Darunter auch ein Konto bei der Berenberg-Bank in Zürich, das Lustgartens Briefkastenfirma ›Andan Limited‹ gehört.«
Neben Martin Lustgarten tauchen in den Dokumenten weitere Inhaber von Offshore-Firmen bei Mossack Fonseca auf, deren Bankkonten offenbar Berenberg geführt hat. »Die Bank soll dort jahrelang mit Gabriel Ricardo Morales Fallón zusammengearbeitet haben«, so ein NDR-Bericht vom 12. April. »Er ist verschiedentlich öffentlich beschuldigt worden, ein wichtiger Partner des kolumbianischen Drogenbosses Juan Carlos Ramirez, genannt ›Chupeta‹, zu sein.« Berichte in kolumbianischen Medien über Fallón gibt es seit 2007. Die Berenberg-Bank in Zürich kündigte ihm aber erst 2013 das Konto, nachdem die Präsidentin Costa Ricas nach einem publik gewordenen Flug in seinem Privatjet beinahe hatte zurücktreten müssen.
»Berenberg ist den gesetzlichen Anforderungen auch bei der Führung von Offshore-Konten stets nachgekommen«, betonte Peters trotz allem in einem Interview in der FAS vom 10. April. »Sobald Berenberg begründete Zweifel an der Integrität von Kunden hat, beendet die Bank Kundenverbindungen. Erfolgen auffällige Transaktionen, erstatten wir Geldwäscheverdachtsmeldungen«, sagte Pressesprecher Wehmeier am 13. April dem Hamburger Abendblatt.
Am selben Tag tauchte in einem Artikel in der SZ über die Berenberg-Bank ein weiterer Name auf: »Da ist ein Kunde, der in Verdacht geriet, als Geldwäscher für einen mutmaßlichen Unterstützer der Terrororganisation Hizbollah agiert zu haben. Sein Name, Merhi Ali Abou Merhi, findet sich seit Oktober 2015 auf der sogenannten OFAC-Liste, auf der die US-Regierung mutmaßliche Terrorismusfinanziers und Drogenkriminelle erfasst.« Das US-amerikanische Amt für die Kontrolle von Auslandsvermögen (OFAC) veröffentlichte auf dieser Liste die Namen von elf libanesischen und zwei deutschen Staatsangehörigen sowie von elf Firmen, die der Behörde zufolge am Drogenhandel für die Organisation des kolumbianischen und libanesischen Staatsbürgers Ayman Saied Joumaa beteiligt sind. »Merhi Ali Abou Merhi betreibt ein großes maritimes Transportgeschäft, das es dem Joumaa-Netzwerk ermöglicht, Geld zu waschen und großflächigen Drogenhandel zu betreiben«, sagte John E. Smith, Direktor des OFAC. »Das kriminelle Joumaa-Netzwerk ist ein internationaler Geldwäschering, von dessen Geldwäsche Hizbollah profitiert.« Auf der OFAC-Liste stehen auch eine deutsche Firma, die »Abou Merhi Hamburg«, und die beiden Deutschen Hana Merhi Abou Merhi und Atef Merhi Abou Merhi, die Kinder von Merhi Ali Abou Merhi.
Geschäftsführer Peters übernahm am 11. April zusätzlich den Vorsitz des Deutschen Bankenverbandes. In seiner ersten Stellungnahme in dieser Funktion betonte er, Steuerhinterziehung und Geldwäsche seien für Banken nicht tragbar. Zumindest für zwei ehemalige Mitarbeiterinnen der Compliance-Abteilung der Berenberg-Bank könnte dies unglaubwürdig geklungen haben: Sie hatten im Sommer 2013 bei sieben Kundengruppen Anhaltspunkte für illegalen Waffenschmuggel, Steuerhinterziehung und Geldwäsche entdeckt und dies ihren Vorgesetzten gemeldet. Es sei erst einmal nichts geschehen, so die Aussage einer der beiden im ZDF-Magazin »Frontal 21«. Nachdem sie einen langen Bericht verfasst und diesen auch an die Bankenaufsicht und die Staatsanwaltschaft übermittelt hatten, wurden die Mitarbeiterinnen im Herbst 2013 entlassen – wegen Fehlverhaltens, sie hätten Kollegen diskreditiert. Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungsverfahren wegen Geldwäsche aus Mangel an Beweisen ein.