Wie Oswald Spenglers »Der Untergang des Abendlandes« in Russland rezipiert wurde

Hass gegen Europa

Vor 100 Jahren erschien Oswald Spenglers »Der Untergang des Abendlandes«. Die Schrift ist sowohl ein Abgesang auf die westliche Zivilisation als auch eine Ode an die russische Kultur. Warum die Verachtung des angeblich dekadenten Westens im heutigen Russland auch auf die Rezeption des Monumentalwerks des deutschen Philosophen zurückgeht.

»Der Westen steht am Abgrund«, raunte der rechtsnationalistische Philosoph Aleksandr Dugin vor Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine. Er greift damit eine Erzählung auf, die in dieser Form Oswald Spengler in die Welt gesetzt hat. Spengler zählte zu den ersten und erfolgreichsten antiwestlichen Untergangsvermarktern, die lustvoll schaudernd vor allem im Westen gelesen wurden.

Weniger beachtet wurde, dass Spengler, der von einem unüberbrückbaren Gegensatz zwischen Russland und dem Westen ausging und von einem »wahrhaft apokalyptischem Haß« Russlands gegen den Westen phantasierte, auch im Osten gelesen wurde. Eine Beschäftigung mit den Positionen russischer Extremisten wie Dugin zeigt, dass diese Ideologen ihren Spengler gelesen haben.

Vor 100 Jahren erschien im Münchner C. H. Beck Verlag die Gesamt­ausgabe von Oswald Spenglers Monumentalwerk »Der Untergang des Abendlandes«; zuvor waren 1918 der erste und 1922 der zweite Band separat erschienen. Fast zehn Jahre hatte der deutsche Philosoph daran gearbeitet. Das Buch erzielte damals eine enorme Breitenwirkung und wurde vor allem im Deutschen Reich, das gerade den Ersten Weltkrieg verloren hatte, als kulturpessimistische Warnung verstanden ­und auf das Schicksal der Nation bezogen.

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