Die uigurische Professorin R­ahile Dawut wurde in China zu lebenslanger Haft verurteilt

Staatsgefährdende Ethnologin

Vor sechs Jahren verschwand sie, nun wurde bekannt, dass chinesische Behörden sie in einem geheimen Prozess zu lebenslanger Haft verurteilten: die uigurische Wissenschaftlerin Rahile Dawut.
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Vor sechs Jahren verschwand Rahile Dawut auf einer Reise von Urumtschi, der Hauptstadt der Provinz Xinjiang, nach Peking. Der in den USA ansässigen Menschenrechtsorganisation Dui Hua Foundation zufolge wurde die uigurische Professorin damals festgenommen und ein Jahr später, im Dezember 2018, von chinesischen Behörden wegen »Spaltung« – ein Verbrechen, das unter »Gefährdung der Staatssicherheit« fällt – in einem geheimen Prozess zu lebenslanger Haft verurteilt.

Dawut war aufgrund ihrer ethnographischen Forschung über uigurische Folklore und Tradition international bekannt, erhielt Auszeichnungen und bis zuletzt Stipendien vom chinesischen Kulturministerium. Auch war sie bis zuletzt Mitglied in der Kommunistischen Partei Chinas. Sie selbst sah sich als Brückenbauerin, die extremistische Tendenzen unter Uiguren kritisierte.

Chinesische Behörden gaben all die Jahre weder Dawuts Aufenthaltsort noch die Anschuldigungen bekannt.

Wie Hunderte uigurische Intellektuelle, viele davon für ihre moderate Einstellung bekannt, wurde auch sie Opfer einer politischen Säuberungsaktion. Anlass waren Terroranschläge von uigurischen Islamisten und Separatisten, die Chinas Präsident Xi Jinping mit der Internierung mehr als einer Million Uiguren beantwortete.

Chinesische Behörden gaben all die Jahre weder Dawuts Aufenthaltsort noch die Anschuldigungen bekannt. Die Dui Hua Foundation hatte versucht, mehr darüber zu erfahren, und teilte am Donnerstag vergangener Woche mit, Informationen von einem chinesischen Beamten erhalten zu haben. Demnach seien der Inhaftierten auch die politischen Rechte entzogen, ihr Einspruch vom Obersten Volksgericht Xinjiangs abgelehnt worden. Die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums habe über den Fall »keine Informationen«, wie sie bei einer Pressekonferenz sagte.

In einer Erklärung forderte die Tochter der Professorin, Akeda Pulati, das chinesische Regime dazu auf, ihre Mutter freizulassen. Viele internationale Institutionen wie die Universitäten Harvard oder Cambridge, mit denen Dawut zusammengearbeitet hatte, schlossen sich dem Appell an. Jedoch habe China der Foundation zufolge eine sehr niedrige Freispruchsrate.