Auf dem zweiten Bildungsweg zum Trüffelsuchhund

Leben ohne Jagdtrieb

Coco fehlt jeder Jagdtrieb, und so kann man sie ohne Leine an der Spree entlanglaufen lassen, ohne dass sie die Enten und Gänse belästigt, und im Wald muss man keine Sorge haben, dass sie plötzlich einem Reh hinterher sprintet.
Cocolumne Von

Die Waffe, die auf Englisch »Pump Action Shotgun« heißt, nennt sich auf Deutsch »Vorderschaftrepetier­flinte«. Im Grunde ist damit alles gesagt und Sie können Ihr Studium der Kulturwissenschaften an dieser Stelle schon beenden. Doch davon einmal abgesehen: Wie immer man diese Waffe auch nennt, sie ist sehr vielfältig einsetzbar: zum polizeilichen, militärischen und kriminellen Gebrauch, im Terrorismus, bei Sportschützen und sogar zuweilen zur Jagd.

Zur Jagd braucht man aber nicht nur Waffen, sondern auch Hunde. Beides ist zur Ausübung der Jagd geradezu unverzichtbar, der Hund sogar gesetzlich vorgeschrieben. In der Regel hat ein Jäger also auch einen Hund, wobei die Rasse variieren kann, je nachdem, welchen Job der Hund vorrangig übernehmen soll. Dackel zum Beispiel sind sehr beliebt. Sie werden eingesetzt, um Füchse und Dachse aus ihren Bauen zu treiben.

Auch Cocos Rasse, der Lagotto Romagnolo, wurde einst für die Entenjagd im Sumpf gezüchtet. Doch dann hat man, nach der Trockenlegung vieler Sümpfe, die Rasse, sozusagen auf dem zweiten Bildungsweg, zum Trüffelsuchhund umgeschult, sprich: umgezüchtet.

Ich bin darüber sehr froh. Coco fehlt dank dessen jeder Jagdtrieb, und so kann man sie ohne Leine an der Spree entlanglaufen lassen, ohne dass sie die Enten und Gänse belästigt, und im Wald muss man keine Sorge haben, dass sie plötzlich einem Reh hinterher sprintet.

Coco steht auf der Seite »Wald vor Wild«.

Doch so schön es ist, was man aus dem Wolf alles machen konnte und kann: Man darf natürlich keinesfalls auch nur anfangen darüber nachzudenken, ob man nicht auch Menschen ihre Triebe oder körperliche Merkmale weg- oder anzüchten könnte, auch wenn dies in der Geschichte, keineswegs nur von den Nazis, häufig schon versucht oder zumindest diskutiert wurde. Warum allein die Vorstellung, Menschen ließen sich zum Beispiel passend für bestimmte Tätigkeiten, sagen wir Klempner oder Erntehelfer, heranzüchten, kein emanzipatorisches Potential hat, dürfte heutzutage selbsterklärend sein.

Und da der Mensch eben nicht alles kann, wird er auch weiterhin zur Jagd Hunde brauchen. In Deutschland haben fast eine halbe Million Menschen einen Jagdschein und ihre Zahl nimmt zu. Trotzdem sind viele Forstwirte unzufrieden: Ihrer Meinung nach sind die Wildbestände zu hoch, es müsste viel mehr geschossen werden, damit es weniger Verbiss an ihren Bäumen gibt. Ein Streit, so alt wie Jagd- und Forstwirtschaft selbst.

Coco steht da auf der Seite »Wald vor Wild«. Von ihr aus braucht es da, wo sie spazieren geht und sich als Alleinherrscherin wähnt, all die anderen Viecher nicht. Das liegt natürlich daran, dass sie weiß, das sie sich nicht selbst um die Nahrungsbeschaffung kümmern muss, sondern ihr Futter regelmäßig im Napf vorfindet, sonst sähe sie das sicher anders.