Landraub in Kenia

Die große Landfrage

In Kenia hat Grundbesitz traditionell einen besonders hohen Stellenwert. Durch die Kolonialisierung des Landes wurden viele Einwohner beraubt, derzeit werden Besitzer:innen und Käufer:innen häufig Opfer von Betrug.

Nairobi. In Kenia kommt es häufig vor, dass Leute, die man gerade erst kennengelernt hat, erzählen, dass sie Land besitzen oder gerade gekauft haben. Der Elektriker, ein Mann mittleren Alters, erwähnte neulich beim Smalltalk während seiner Arbeit beiläufig, dass er Grundstückseigentümer sei. Wenig später berichtete ein Makler, der beim Umzug half, dass er hart gearbeitet habe und sich seine Bemühungen endlich ausgezahlt hätten: Er besitze nun ein Grundstück in seinem Heimatdorf. Beiden Männern schien es ein großes Bedürfnis zu sein, solch eine Investition getätigt zu haben und das mitzuteilen.

Schon im vorkolonialen Afrika war Landbesitz identitätsstiftend und gleichbedeutend mit Reichtum im Sinne einer nicht versiegenden Quelle des Lebensunterhalts. Der Anbau von Nahrungsmitteln auf eigenem Grund sicherte die Ernährung der Familie, weshalb die Pflanz- und Erntezeit in vielen afrikanischen Gesellschaften als heilig galt. Ähnlich geehrt wurden die Markttage, an denen sich die über den eigenen Bedarf hinaus hergestellten Erzeugnisse im Tausch gegen andere Produkte verkaufen ließen.

Schließlich bedeutete der Besitz von Land, dass den Kindern ein Erbe sicher war – allerdings nur den männlichen. Den Datenjournalist:innen von Africa Data Hub und der NGO Kenya Land Alliance zufolge halten Frauen immer noch nur ein Prozent aller Landtitel auf ihren Namen, obwohl sie 80 Prozent der Arbeitskräfte in Gemeinden stellen, die von der Landwirtschaft abhängig sind. Auch Eigentumsurkunden für nicht landwirtschaftlich genutztes Land besitzen mehrheitlich Männer, sogar wenn man als Vergleichsgruppe die gut ausgebildeten und wohlhabenden Frauen Kenias heranzieht.

Als Kenia 1963 die Unabhängigkeit erlangte, gingen die meisten Grundstücke, die während der Kolonialzeit an die Briten übergegangen war, trotzdem nicht an die einstigen Eigentümer zurück.

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