Sebastian Striegel, Landtagsabgeordneter Grünen Sachsen-Anhalt, im Gespräch über ein neues Hausprojekt der Identitären Bewegung

»Wenn das Hausprojekt offenliegt, wird es Protest geben«

Nahe Halle (Saale), in der kleinen Gemeinde Schkopau, ist jüngst ein neues Hausprojekt der rechtsextremen Identitären Bewegung (IB) aufgeflogen. Mitte Februar organisierte das Bündnis »Merseburg für Vielfalt und Zivilcourage« den ersten antifaschistischen Protest vor der Villa. Sebastian Striegel, Landtagsabgeordneter der Grünen in Sachsen-Anhalt, berichtet der »Jungle World« über die Kundgebung, an der er beteiligt war.
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Wie war der Protest?
Er war kurz und diente zunächst einmal dazu, das Haus der IB als problematisch zu markieren. Für eine so kurzfristige Mobilisierung lief es gut. Es gab ein paar Stunden zuvor bereits einen Protest gegen die »Winterakademie« des neurechten Instituts für Staatspolitik (IfS) im 30 Kilometer entfernten Schnellroda. Dort waren rund 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Ein Teil dieser Gruppe hat sich dann im Anschluss nach Schkopau begeben, wo sich insgesamt 120 Menschen versammelten.

Kamen die alle vom Protest aus Schnellroda?
Nein, interessanterweise war rund ein Drittel der Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Schkopau selbst. Die Kundgebung kann nur der Anfang eines langen und notwendigerweise auch ausdauernden Protestes sein. Denn dieses Projekt der IB wird dort so schnell nicht wieder verschwinden. Es wird viel Ausdauer brauchen, um effektiv dagegen vorzugehen. Deswegen war es so wichtig und gut, dass viele Schkopauerinnen und Schkopauer da waren: Der Protest muss aus der Gemeinde selbst getragen werden und darf nicht nur von außen kommen.

»Die Gemeinde ist offenbar als Alternativstandort etabliert und inszeniert worden – diesmal jedoch nicht mit der öffentlichen Außenwirkung, sondern nach dem Motto: Wir halten es lieber geheim, denn wenn es offenliegt, wird es Protest geben.«

Welche Redebeiträge gab es?
Neben meiner Rede für das Merseburger Bündnis gab es einen Redner der Anwohner:inneninitiative Adam-Kuckhoff-Straße in Halle, der den Schkopauerinnen und Schkopauern Unterstützung und Solidarität zugesichert hat. Die Initiative hatte mehrere Jahre lang erfolgreich den Protest gegen das bundesweit erste Hausprojekt der Identitären in Halle getragen, das deswegen 2019 aufgeben musste. Der damalige Protest war langanhaltend. Unterschiedlichste Menschen und Institutionen hatten sich daran beteiligt und verschiedene Teile der Stadtgesellschaft hatten zueinandergefunden. Von der Stadt selbst über Antifa-Gruppen und die Universität bis hin zu einem breiten Bündnis aus der Bürgerschaft konnte man sich trotz der Unterschiede auf einen antifaschistischen Grundkonsens verständigen.

Schnellroda, Halle, Schkopau: Bildet sich hier ein neurechtes Netzwerk?
Das Netzwerk ist seit vielen Jahren in der Region aktiv. Der Knotenpunkt Halle hat sich offenbar ins etwas weiter südlich gelegene Schkopau verschoben, da sind zum Teil dieselben Akteure involviert. Und alle sind aufeinander bezogen: Die IB, das IfS, die AfD, die Junge Alternative und Burschenschaften. Der neurechte Verleger Götz Kubitschek aus Schnellroda treibt die rechtsextreme Landnahme maßgeblich voran. Es ist davon auszugehen, dass er an der Entscheidung, das Hausprojekt in Halle zu gründen, beteiligt war, und ebenso in Schkopau.
Die Gemeinde ist offenbar als Alternativstandort etabliert und inszeniert worden – diesmal jedoch nicht mit der öffentlichen Außenwirkung, sondern nach dem Motto: Wir halten es lieber geheim, denn wenn es offenliegt, wird es Protest geben. Und wenn es Protest gibt, dann können wir irgendwann unsere Aktivitäten nicht mehr durchführen. Es ist ein antifaschistischer Erfolg, die IB aus Halle zu verdrängen: Sie reden jetzt nicht mehr so öffentlich über ihre Projekte, wie sie es in der Universitätsstadt getan haben.