Über die französische Karikaturistin Coco ergießt sich ein Tsunami der Dummheit und der Wut

Homestory #13/24

Alljährlich gibt es allerorten gute Tipps, wie sich die Muslima/der Muslim an Ramadan gefälligst religionskompatibel zu verhalten hat. Es kommt aber auch zu Kollateralschäden.
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Alle Jahre wieder kommt der Ramadan. Dann gibt es gute Tipps allerorten, wie sich die Muslima/der Muslim gefälligst religionskompatibel zu verhalten hat. »Beim Ramadan gilt in der Regel, dass Muslime ab der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang nichts essen oder trinken dürfen. Diese Regel gilt aber nur für gesunde Erwachsene, Kinder können langsam an die Fastenzeit gewöhnt werden«, erfährt man in der Frankfurter Rundschau.

Weitere Ausnahmen sind »Kranke, stillende Mütter sowie Schwangere«, aber, wichtig, wichtig: »Verzichtet werden muss neben der Nahrung auch auf Geschlechtsverkehr und Rauchen sowie unsittliches Gedankengut« – was auch immer unter Letztgenanntes alles fallen mag. Die Vatikan News freuen sich dieses Jahr über die »drei Wochen dauernde Überschneidung der Fastenzeiten« für Christen und Muslime im März. Hedonistischer geht es bei den Ex-Muslimen Frankreichs zu, deren Mitgründerin Atika Samrah ramadantechnisch den »berühmtesten Burger mit Fritten auf Twitter« vorstellte – mit »1,4 Mio. Klicks in zwei Tagen!«

Viele geben vor, den Cartoon nicht zu verstehen, und von diesen Analphabeten des schwarzen Humors hagelt es nun digitale Fatwas.

Aber natürlich gibt es auch Kollateralschäden des Ramadan, und keineswegs ausschließlich in jenen nur halbsäkularisierten Ländern wie Jordanien, Kuwait et cetera, wo der öffentliche Bruch der Fastenregeln mit Haft bedroht ist. In Frankreich hat es gerade die Karikaturistin Coco erwischt, die für Charlie Hebdo und Libération zeichnet.

In Libé hat sie jüngst einen Cartoon veröffentlicht: »Ramadan in Gaza: Beginn des Fastenmonats«. Man sieht eine verschleierte Mutter, die ihrem Sohn auf die Hand tippt, der Ratten hinterherrennt, um sie zu essen, und die sagt: »Tststs, nicht vor Sonnenuntergang.« Das ist der ganze Horror in einem Cartoon, Coco gelingt es, »die Hungersnot in Gaza anzuprangern, ohne dabei zu vergessen, auch die fanatische Dummheit anzuprangern, die in diese Hölle geführt hat« – so drückt es Caroline Fourest aus.

Aber viele geben vor, den Cartoon nicht zu verstehen, und von diesen Analphabeten des schwarzen Humors hagelt es nun digitale Fatwas: »Lauf, lauf du Schlampe … Du wirst bald massakriert werden«, »Sie hätten dich am 7. Januar liquidieren sollen«.

Am 7. Januar 2015 war Coco ins Visier der jihadistischen Killer geraten, sie hat das Massaker bei Charlie Hebdo überlebt, ihre Kollegen verloren, noch immer lebt sie unter Polizeischutz. Und nun, im Jahr 2024, ergießt sich ein Tsunami der Dummheit und der Wut über sie. Dem Shitstorm auf X/Twitter schließen sich Abgeordnete der linkspopulistischen Partei La France insoumise an, allen voran Sophie Chikirou, die twitterte: »Sie werden meinen Hass nicht haben, aber Sie haben ihn verdient.«

Das ist der Zustand des islamistophilen Teils einer Linken, die ihre Existenz antireligiösen Karikaturen verdankt – jenes Teils, der sich vorgeblich um das Schicksal der Bevölkerung im Gaza-Streifen sorgt und das Hirn abschaltet, um Kritikerinnen der Verantwortlichen für das Gaza-Desaster wie Coco zum Abschuss freizugeben.