Wanted Man

Ein Lebenszeichen von Ludwig-Holger Pfahls

Pünktlich zum fünften Jahrestag seines Untertauchens soll Ludwig-Holger Pfahls ein Lebenszeichen von sich gegeben haben. Von Frankreich aus habe der 61jährige versucht, per Fernschreiben Kontakt mit einem Anwalt aufzunehmen, berichtete in der vergangenen Woche die Münchner Abendzeitung, ohne Quellen zu benennen.

Es war ruhig geworden um jenen Mann, den die Süddeutsche Zeitung einst als »eine Art Wunderknabe der Politik« bezeichnete. Manch führender Unionspolitiker aus der Ära Kohl dürfte klammheimlich wie inbrünstig gehofft haben, dieser Pfahls werde nie wieder auftauchen, besser noch bereits tot sein, wie es gerüchteweise immer mal wieder hieß. Denn mit dem Namen des früheren CSU-Mitglieds sind zwei der dunkelsten Kapitel der schwarz-gelben Koalition verbunden: die Schmiergeldaffären um die Lieferung von 36 Fuchs-Spürpanzern an Saudi-Arabien und um den Verkauf der Leuna-Werke an den französischen Ölkonzern Elf-Aquitaine. Der Verschwundene, der in beiden Fällen kräftig mitkassiert haben soll, könnte den Beweis dafür liefern, dass die Regierung Kohl bestechlich war.

Mit internationalem Haftbefehl gesucht wird Pfahls, weil ihm die Augsburger Staatsanwaltschaft vorwirft, Anfang der neunziger Jahre vom Rüstungslobbyisten Karlheinz Schreiber fast zwei Millionen Euro Schmiergeld beim umstrittenen Geschäft mit den Saudis kassiert zu haben. Das soll der damalige Staatssekretär durchgesetzt haben, »obwohl dadurch die Abwehrfähigkeit und die Ausbildungsfähigkeit des Heeres beeinträchtigt war«, wie auf der BKA-Hauptfahndungsseite zu lesen ist.

Kurz nachdem im April 1999 Untersuchungshaft für ihn angeordnet worden war, setzte sich Pfahls nach Taiwan ab, in ein Land, mit dem die BRD kein Auslieferungsabkommen hat. Von dort verschwand er zwei Monate später – und ward bis heute nicht mehr gesehen. Zuvor allerdings hatte Pfahls noch ein halbes Dutzend Briefe geschrieben, in denen er sich bitterlich über den Haftbefehl beschwerte. Schließlich hätten doch alle gewusst, was er gemacht habe. Eines der Schreiben soll auch an Helmut Kohl gegangen sein. Das Ende einer Bilderbuchkarriere.

Zu der hatte ihm Franz Josef Strauß verholfen. Der frühere Vorsitzende der CSU holte Pfahls 1976 in seine Staatskanzlei, wo er bis zum Büroleiter des Ministerpräsidenten aufstieg. Im Juli 1985 wechselte er als Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz von München nach Köln, zwei Jahre später ins Verteidigungsministerium, wo er unter den Ministern Manfred Wörner, Rupert Scholz und Gerhard Stoltenberg (alle CDU) als Staatssekretär tätig war.

Sein Abgang in den einstweiligen Ruhestand, »ausdrücklich auf eigenen Wunsch«, im Februar 1992 war bereits von einer konspirativen Aktion überschattet. Er soll bei einer illegalen Aktion des Bundesnachrichtendienstes die Finger im Spiel gehabt haben. 1991 waren im Hamburger Hafen Panzer aus NVA-Beständen entdeckt worden, die, als Landmaschinen deklariert, zu Testzwecken nach Israel verschifft werden sollten.

Seit November 2001 wird Pfahls per Steckbrief in der BKA-Fahndungsliste »Meistgesuchte Personen« im Internet geführt. Der »geizige, verschlossene und oftmals überhebliche bzw. arrogante Einzelgänger« sei ein »preußischer Beamtentyp«. Allerdings ein etwas ungewöhnlicher: Er rauche gerne »Davidoffs und Cohibas«, bevorzuge »schnelle Sportwagen« und lege »großen Wert auf sein äußeres Erscheinungsbild«. Doch sogar die Mitteilung, dass er am liebsten »Dorade-Fisch und Zwetschgenkuchen« esse und sein sportliches Interesse dem Mountainbiking gelte, führte bislang nicht zum Fahndungserfolg.

pascal beucker