Die CDU wünscht gute Unterhaltung

Intrigen, Klüngel, Vetternwirtschaft: Die CDU im Hamburger Stadtteil Wandsbek macht vor,
wie es bisweilen zugeht in der Politik. von gaston kirsche

Shit happens.« Mit dieser beiläufigen Bemerkung kommentierte Carl-Friedrich Arp Freiherr von Beust die aktuellen Fehden in der Hamburger CDU. Ole von Beust, wie sich der Erste Bürgermeister nennt, spielte bei der jährlichen Gala der Hamburger Landespressekonferenz vorige Woche die »Schlammschlacht« (Hamburger Morgenpost) herunter.

Seit Wochen steigern die Funktionäre von Hamburgs allein regierender CDU auf vielfältige Weise den Unterhaltungswert der lokalen Politik. Begonnen hat alles in einer der schwärzesten Ecken der Stadt, in Wandsbek, wo bis heute erkennbar ist, dass dieser Bezirk bis zum Jahr 1937 zu Preußen gehörte. »Ich habe eine sehr offene, sehr direkte Art – wenn das als Kasernenhofton dargestellt wird«, beklagte sich Natalie Hochheim, die Geschäftsführerin der CDU-Fraktion in der Wandsbeker Bezirksversammlung, nachdem sie vom neuen Bezirksvorstand mit einem Hausverbot belegt worden war.

Mit ihrer inzwischen zurückgenommenen fristlosen Kündigung hatte Mitte März alles begonnen. Der Fraktionsvorstand war zurückgetreten, ein anderer Klüngel wurde statt seiner gewählt und wollte Hochheim schnell loswerden. Karl-Heinz Warnholz, der Bezirksvorsitzende der Wandsbeker CDU, hielt früher angeblich viel von Hochheim, soll sie und ihren Mann aber kürzlich nach Informationen der FAZ als »Ehepaar Ceaucescu« bezeichnet haben. Da verwundert es nicht, dass Hochheim gleich am Tag nach dem Wechsel im Vorstand vom neuen Fraktionsvorsitzenden Eckard Graage einbestellt wurde, obwohl sie wegen einer Risikoschwangerschaft krank geschrieben war. Graage schlug ihr einen Aufhebungsvertrag zum 30. Juni vor. Als sie den ablehnte und auf dem gesetzlichen Mutterschutz bestand, erteilte er ihr kurzerhand Hausverbot und kündigte ihr fristlos.

Es dauerte vier Wochen, bis Graage klein beigab und die eindeutige Rechtslage akzeptierte, derzufolge Schwangere nicht einfach so gefeuert werden dürfen. Der Hamburger Vorsitzende der CDU, Dirk Fischer, bemühte sich um Schadensbegrenzung, erklärte aber gleich zu Beginn des Konflikts, der Ausgang dieser »arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung« sei ohne Belang, denn mit den unerfreulichen innerparteilichen Konflikten habe das nichts zu tun.

Und die Gekündigte? Natalie Hochheim, die sogleich mit dem Arbeitsgericht drohte, als es um ihren Arbeitsplatz ging, ist ebenfalls Abgeordnete der Hamburger Bürgerschaft. Dort sitzt sie zusammen mit ihrem Mann Ralf Niedmers und Warnholz in der CDU-Fraktion. Als Sprecherin für Arbeitsmarktpolitik sorgte sie sich bei der Vorbereitung der Hartz-IV-Gesetze darum, wie sich »der Staat vom Kostendruck« befreien könne. Mit dem Wort »Kostendruck« waren die Arbeitslosen gemeint.

Im Streit um ihre Entlassung konkurrierten vor allem mehrere Klüngel darum, welcher das Intrigenspiel am besten beherrsche. So kam auch heraus, wie CDU-Abgeordnete Staatsgeld für ihre Familien abzweigen. Am innovativsten agierte hierbei der Klüngel um Hochheim. Familienangehörige als Mitarbeiter im Abgeordnetenbüro anzustellen, ist Abgeordneten der Bürgerschaft eigentlich verboten. Aber das gilt ja nur für die eigene Familie, nicht für die anderer Abgeordneter. So arbeitet Hochheims Mutter für den Kollegen Bruno Claußen und der Sohn des CDU-Abgeordneten Volker Okun für den Büronachbarn Wolfhard Ploog. Die Miete für die Bürogemeinschaft der Abgeordneten Natalie Hochheim, Ralf Niedmers und Bruno Claußen geht wiederum an Niedmers Vater, ein Sachverhalt, der rechtlich nicht geregelt ist.

Das vorläufige Fazit der Hamburger Morgenpost am Samstag lautete: »Unter den 63 CDU-Abgeordneten gärt es, jeder zehnte ist in eine Affäre verwickelt, zwei traten bereits zurück – und mindestens fünf CDU-Männer hat die Justiz im Visier.«