Czech Beats

Techno-Krise in Tschechien

Die Party dauerte nur kurz, die Proteste aber reißen nicht ab. Fast täglich gingen in der vorigen Woche in Prag und anderen tschechischen Städten zumeist jugendliche Demonstranten auf die Straße, um gegen den »Polizeistaat« zu protestieren. Auch in Berlin und anderen europäischen Städten gab es Solidaritätskundgebungen.

In Tschechien selbst hat der brutale Polizeieinsatz gegen das Technofestival »Czech Tek« am letzten Juliwochenende, der über 100 Verletzte und einen Toten zur Folge hatte – die Umstände, wie der 22jährige Raver starb, sind nicht geklärt – inzwischen zu einer handfesten innenpolitischen Krise geführt. Ministerpräsident Jiri Paroubek brach in der vorigen Woche seinen Urlaub ab, um sich in Prag persönlich um die Dinge zu kümmern, während der frühere Präsident Vaclav Havel anbot, zwischen der sozialliberalen Regierung und den Demonstranten zu vermitteln.

Fragt sich bloß, was er vermitteln soll. Denn Innenminister Frantisek Bublan ist nach wie vor davon überzeugt, dass die Härte des Polizeieinsatzes »unumgänglich« gewesen sei. Die Polizei müsse »handeln, wenn das Gesetz gebrochen wird oder falls es gebrochen werden könnte«. Dabei hatten die Veranstalter das Feld, auf dem die Party stattfinden sollte, ganz legal gemietet. Nur nicht die umliegenden Felder, zu deren Schutz die Polizei eingeschritten sein will. Auch der Ministerpräsident »bedauerte« zwar die Vorfälle, verteidigte aber den Einsatz: »Das sind keine tanzenden Kinder, sondern gefährliche Leute«, ließ er wissen. »Deren Kern bilden gefährliche besessene Leute mit anarchistischen Neigungen, die international vernetzt sind.«

Kritik kommt unterdessen von der konservativen Opposition. Der Senat, der von den Konservativen dominiert wird, verurteilte den Einsatz als »unverhältnismäßig«, ebenso Präsident Vaclav Klaus. Unter dem Eindruck der anhaltenden Kritik räumte schließlich auch Bublan am Wochenende kleinlaut ein, dass es zu »Übergriffen einzelner Polizisten gekommen sein könnte«. Doch damit wollen sich die Demonstranten nicht zufrieden geben. Sie verlangen eine unabhängige Kommission und lehnen es ab, das Videomaterial, das sie in den Tagen nach dem Angriff gesammelt haben, einem Untersuchungsausschuss des Innenministeriums zu übergeben.

filippo proietti