Stars am ­laufenden Band

Niederländer in europäischen Fußballclubs

Bayern München hat einen, bei Arsenal London sind gleich drei unter Vertrag, bei Manu und beim AC Milan gibt es je zwei Niederländer, und bei Barca spielen zwei, zudem hockt Frank Rijkaard auf der Bank, und Johan Cruyff berät das Präsidium.

Die Anwesenheit von Niederländern im internationalen Spitzenfußball ist unübersehbar. Der Bondscoach Marco van Basten kann es sich nicht nur, er muss es sich leisten, Weltklasseleute wie Roy Makaay oder Clarence Seedorf nicht in den WM-Kader zu berufen, denn vor diesen brillanten Spielern tummeln sich andere, noch brillantere. Das »Luxusproblem«, von dem Jürgen Klinsmann bezüglich der deutschen Torwartfrage sprach, durchzieht den niederländischen Kader auf beinahe jeder Position. Wen soll ein Trainer spielen lassen, wenn ihm Bergkamp, van Nistelrooy und Robben zur Verfügung stehen?

Das exzellente niederländische Nachwuchssystem erklärt die Stärke der Auswahlmannschaft nicht alleine. Denn große Talente können auch entwickelt werden, ohne dass sie letztlich in der Nationalelf landen. Talentscouts von Vereinen achten auf vieles: Bewegungstalent, Mann­schafts- und Spielverständnis, Zweikampfverhalten etc. Aber bestimmt achten sie nicht auf die Staatsbürgerschaft.

Wer in den Niederlanden lebt, erhält vergleichsweise schnell das Recht, über das Gemeinwesen, in dem er lebt, mitzubestimmen. Trotz der bei vergangenen Turnieren öfters aufgetretenen Spannungen zwischen schwarzen und weißen Spielern stellen selbst die tumbesten niederländischen Rassisten nicht in Frage, dass es sich auch bei den Spielern auf dem Platz, die sie nicht leiden können, um Niederländer handelt. Die einfache und hier zu Lande nicht gerade verbreitete Erkenntnis, dass man Menschen ihre Staatsbürgerschaft nicht ansieht, sondern sich dazu schon ihren Pass anschauen muss, ist in den Niederlanden beinahe Gemeingut.

Das hat kulturelle Auswirkungen, auch auf den Fußball. Es ist beispielsweise kein Zufall, dass ein Trainer wie Hans Meyer, der mit Carl-Zeiss Jena 1981 im Europapokalfinale stand, in den Niederlanden bei Twente Enschede in der Ehrendivision einen Job als Erstligacoach bekam, bei dem er zeigen konnte, was er drauf hat. Erst nach seinen Erfolgen in den Niederlanden (und nicht nach denen in der DDR) wurden deutsche Vereine wie Mönchengladbach, Hertha BSC und Nürnberg auf den Ossi Meyer aufmerksam.

Vielleicht spiegelt sich im Fußball ein bisschen die Politik. Das kann sein, aber je öfter man irgendwelche Klinsmann-als-Reformer-Essays liest, desto weniger möchte man’s glauben. In jedem Fall bildet sich jedoch die jeweilige Gesellschaft im Fußball ab: ihre Modernität, ihre Bereitschaft zur Integration, ihre Weltoffenheit. Das erklärt vielleicht, warum in der an diesem Mittwoch zu Ende gehenden Champions League insgesamt 17 Niederländer in nicht niederländischen Vereinen spielten. Viele von diesen Klasseleuten wird man bei der WM in Deutschland nicht erleben.

martin krauss