Modell Obdachlosigkeit

ich-ag der woche

Arbeit ist genug da. Den fünf Millionen Arbeitslosen fehlt es bloß an der nötigen Motivation. So oder so ähnlich lautet wohl der Hintergedanke einiger Vorschläge, die Christa Stewens (CSU), die bayrische Ministerin für Arbeit und Soziales, am Dienstag der vergangenen Woche in einem Interview der Berliner Zeitung unterbreitete.

Der Politikerin gehen die geplanten Verschärfungen der Hartz-IV-Gesetze nicht weit genug. Um die Kosten der sozialen Sicherung zu senken und Arbeitslose zu motivieren, sei es vor allem wichtig, »die Leistungsbezieher stärker zu kontrollieren und bei Arbeitsunwilligen auch härtere Sanktionen zu verhängen«. »Bei hartnäckiger Arbeitsverweigerung« müssten in Zukunft »Leistungskürzungen auf Null« möglich sein, was die Gerichte bisher nicht zuließen. Und null Euro gäbe es, wenn es nach ihr ginge, nicht mehr bloß drei Monate lang, sondern konsequenterweise so lange, »bis der Hilfebedürftige auch seinen Verpflichtungen nachkommt«. Um dauerhaftes Blaumachen zu verhindern, solle »Arbeitsunfähigkeit künftig vom Amtsarzt festgestellt werden«.

Wenn nach der Ablehnung einer »zumutbaren« Arbeit null Euro ausgezahlt werden und die Simulation nicht mehr funktioniert, lauert für Stewens immer noch eine Gefahr, nämlich die, dass sich es die Faulenzer auch ohne Geld zu Hause bequem machen und sich einfach vor den warmen Ofen setzen. Deshalb sollten die Sanktionen »auf Sachleistungen wie Unterkunftskosten und Mietzahlungen ausgedehnt werden können«.

Schließlich müsse sich Arbeit in Zukunft wieder lohnen.Sei es, dass man an der Ampel Autoscheiben wischt, Supermarkttüren aufhält, Schuhe putzt oder hartnäckig Pfand­flaschen aufsammelt, um sich vom Erlös ein schimmliges Kellerloch oder ein Bett in der Obdachlosenunterkunft zu gönnen. Denn Selbstständigkeit stärkt bekanntlich auch das Selbstbewusstsein.

daniel steinmaier