Subversives Chinesisch, Teil 5

Ri Ben Gui Zi

Subversives Chinesisch, Teil 5: Ri(4)Ben(3)Gui(3)Zi

Viele Chinesen sprechen auch heute noch von den »japanischen Teufeln«, wenn sie die Japaner meinen. Während die Gefühle gegenüber den USA eher ambivalent sind, sitzt der Hass auf Japaner noch tief. Der Zweite Weltkrieg ist noch nicht vergessen: 1931 besetzte Japan die Mandschurei und dehnte den Krieg nach 1937 auf den Rest des Reiches aus.
Zu den grausamsten Kriegsverbrechen der kai­serlichen Armee gehört das Nanjing-Massaker, bei dem in eben diesem Jahr 1937 nach of­fi­ziel­len chinesischen Angaben 300 000 Zivi­listen abgeschlachtet und über 20 000 Frauen vergewaltigt wurden. Außerdem bombardierte die Luftwaffe chinesische Städte mit biologischen Waffen, die berüchtigte Einheit 731 führte Menschenversuche durch, die an Auschwitz erinnern. Durch ein organisiertes System von Zwangsprostitution der Armee, die so genannten Trost­frauen, wurden Zehntausende Chinesinnen verschleppt und im Akkord vergewaltigt. Insgesamt starben ca. 13,5 Millionen Chinesen durch den von Japan ausgelösten Krieg.
Allerdings werden diese Verbrechen erst seit der staatlichen Propagierung des »Patriotismus« Anfang der achtziger Jahre betont. In der Mao-Ära standen hingegen nicht die Opfer, sondern es stand der heldenhafte Widerstand gegen die Besatzer im Vordergrund. Im nationalen Heldenmythos hatten die Aufarbeitung des Nanjing-Massakers oder die Schicksale der »Trostfrauen« keinen Platz. Seit den achtziger Jahren lässt die KPCh unzählige Museen bauen und Filme produzieren, um der Bevölkerung die nationale Demütigung durch die Kriegsverbrechen der Japaner ins Gedächtnis zu rufen. Die Botschaft dabei ist: China muss reich und mächtig werden, um nie wieder Opfer sein zu müssen. Die alle paar Jahre wiederkehrenden anti-japanischen Unruhen werden nicht von den Zeitzeugen getragen, sondern von Jugend­lichen, die davon überzeugt sind, dass sich »die Japaner« nie entschul­digt haben und wieder versuchen werden, China zu unterwerfen.
Dass auch in Japan trotz Geschichtsrevisionismus eine Aufarbeitung der Kriegsverbrechen stattfindet, verschweigt die Partei. Das Spiel mit den anti-japanischen Emotionen ist für die Herrschenden jedoch nicht ungefährlich, da Japan ein wichtiger Wirtschaftspartner ist. Wie der Carrefour-Boykott zeigte, sind die nationalistischen Jugendlichen nicht so leicht zu kontrollieren – insbesondere wenn es um die »japanischen Teufel« geht.