Markt, Meinung, Moral

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Hinterher weiß man immer alles besser. Besonders, wenn man George Soros heißt und die Welt noch retten will. »Bilanzbetrug und Börsencrash - es konnte gar nicht anders kommen«, schreibt der ehemalige Finanzexperte in der aktuellen Ausgabe der Zeit.

Anlass für Soros' düstere Worte sind die irrationalen Geschehen auf den Finanzmärkten. Während die dominierende Lehre besagt, dass Angebot und Nachfrage zu einem Gleichgewicht tendieren, belegen seiner Meinung nach die Ereignisse an den Börsen das genaue Gegenteil. Dort fahren die Kurse auf der Achterbahn.

Denn wer auf Aktien setzt, muss deren künftige Entwicklung antizipieren, sich also der puren Hellseherei verschreiben. Alles Weitere ist eine Frage der Psychologie. Glauben alle fest daran, steigen die Kurse in den Himmel. Werden Zweifel laut, ob sie da auch bleiben, fallen sie wieder in den Keller.

Um die hohen Erwartungen der Anleger zu erfüllen, helfen manche Unternehmer auch gerne ein bisschen nach. Was auf die Dauer auch nicht hilft, wie die aktuellen Skandale um Bilanzfälschungen zeigen.

Neue Gesetze alleine können da nicht viel ändern, folgert Soros, der die tiefere Ursache für das Debakel in dem »egoistischen Bestreben« der Menschen sieht. Und erst wenn sie erkennen, dass das »allgemeine, öffentliche Interesse« wichtiger ist, als das besinnungslose Gewinnstreben des Einzelnen, sei Besserung in Sicht. Soros ist jedoch materialistisch genug, um zu wissen, dass sich nicht »alle Marktteilnehmer plötzlich zur Ethik bekehren« lassen. Stattdessen empfiehlt er eine andere Methode: Die öffentliche Meinung und der Staat müssen der Börse die Moral beibringen.

Um zu wissen, ob das funktioniert, muss man keine Hellseherei betreiben. Ein Blick in die Vergangenheit genügt. Von moralischen Marktgesetzen ist da nichts bekannt. Und wird der Markt außer Kraft gesetzt, bleibt von der Moral auch nicht mehr viel übrig.

Sicher hat Soros auch diese Gefahr schon vorausgesehen und wird uns noch davon unterrrichten. Und zwar vermutlich in der Zeit.