Deutsch-arabische Friedensachse

Der ewige Troublemaker

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Auf einer propalästinensischen Demonstration in Südfrankreich entdeckte ich vor einigen Wochen inmitten roter Fahnen ein Transparent, auf dem ein durchgestrichener Davidstern, ein Gleichheitszeichen und eine Friedenstaube zu sehen waren; ungestört konnte dort die Botschaft verbreitet werden, dass es ohne Juden Frieden gäbe. Die vor Jahren geäußerte Befürchtung Henryk M. Broders, eines Tages könne zum Erhalt des Weltfriedens der jüdische Staat, »dieser ewige Troublemaker und Friedensstörer«, international fallen gelassen werden, wäre längst dahingehend zu ergänzen, dass nicht mehr Israel allein, sondern die Judenheit selbst im dringenden Verdacht steht, den Weltfrieden nachhaltig zu bedrohen.

Der Vorwurf ist nicht neu. Hitler selbst verwies unermüdlich auf diesen Zusammenhang: Die Juden seien es, die die Völker Europas in einen neuen Weltkrieg zu stürzen versuchten. Nachdem die Deutschen ihn dann begonnen hatten, erklärte die SS-Zeitschrift Das schwarze Korps, lediglich »Israel« nütze ein Krieg der verjudeten Amerikaner und Bolschewisten gegen die friedliebenden Völker der Welt, weshalb Friede nur im »gnadenlosen Kampfe gegen das Weltjudentum« herzustellen sei.

Für Nazis wie Horst Mahler ist der Fall weiterhin klar: »Das judäo-amerikanische Imperium braucht den Dritten Weltkrieg. (...) Die Schwäche der Völker besteht darin, dass die gar nicht so schlecht von jemandem denken können, wie die Ostküste handelt.« Auch für die Hamas hat es »noch nie einen Krieg auf der Welt gegeben, in dem die Juden nicht die Finger im Spiel hatten«. Äußerungen wie diese veranlassten Jonathan Rosen, in der New York Times kürzlich festzustellen, dass, ähnlich wie schon im Zweiten Weltkrieg, im möglicherweise anstehenden dritten die Juden auf »verstörende Weise« ins metaphysische Zentrum des Krieges gerückt würden.

Längst schon stehen sie hierzulande zumindest im Zentrum friedensbewegter und linker Kritik. So behauptet die SoZ, Paul Spiegel missbrauche den Antisemitismusvorwurf gegen Möllemann - welcher es lediglich gewagt habe, die Wahrheit auszusprechen -, um den »schmutzigen Krieg Israels« zu rechtfertigen. Aber nicht nur Juden legitimieren in dieser linken Lesart den Krieg mit derartigen Tricks. Im so genannten Antisemitismusstreit stellt sich der jungen Welt zufolge das hiesige Establishment geschlossen hinter den Zentralrat der Juden, um von den trüben Zielen der Amerika ergebenen deutschen Politik abzulenken: »Die Kombination von Anti-Antisemitismus und 'Alle-in-einem-Boot'-Rhetorik könnte«, erklärt Arnold Schölzel, »zum deutschen Markenzeichen der nächsten Kriege werden.«

Wer Anti-Antisemitismus in Deutschland als Ausdruck bellizistischer Gesinnung denunziert, legt im Umkehrschluss nahe, mit wem und gegen wen er fortan seine Friedensbündnisse zu schließen gedenkt. Der solcherart geäußerte Ruf nach neuen Friedenspartnern wurde umgehend auch von dritter Seite vernommen. Der ägyptischen Zeitung al-Ahali konnten die beiden SoZ- und jW-Autoren, die sich offensichtlich umzingelt, ja verfolgt von einer Lobby philosemitischer, Amerika höriger »Anstandskrieger« wähnen, folgendes entnehmen: »Während die Deutschen laut über die Naziverbrechen reden und sie verurteilen, flüstern sie über die israelischen Nazi-Verbrechen und - wenn sie ihrem Gesprächspartner vertrauen - über ihren tiefen Hass auf die Zionisten.«

Es gebe, erklärt die Literaturwissenschaftlerin Farida Naqqash weiter, in Deutschland »Tausende nationaler Organisationen und Dutzende von Parteien, Zeitungen, Printmedien, Fernsehen und Hörfunk«, mit denen man im wechselseitigen Interesse antizionistische Bündnisse aufbauen könne. Die solcherart gebrochenen »Judentabus« (Eckhard Henscheid in der Jungen Freiheit) festigen sich täglich als deutsch-arabische »Achse des Friedens«, von der in anderen arabischen Zeitungen am Tag nach den staatlich sanktionierten Massendemonstrationen gegen Bushs Besuch in Berlin zu lesen war.