Neue Konstellation im Nahen Osten

Ägyptens Coup

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Die Palästinenser versuchen erneut, die so genannte Al-Aqsa-Intifada mit diplomatischen Mitteln über den UN-Sicherheitsrat zu verstärken. Ihr Beobachter bei den Vereinten Nationen, Nasser al-Kidwa, ließ einen Resolutionsentwurf unter den Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates zirkulieren, in dem ein »Überwachungsmechanismus« für die palästinensischen Gebiete gefordert wurde. Es handelt sich dabei um den bereits zweimal gescheiterten Versuch, mittels einer vom Sicherheitsrat legitimierten auswärtigen Beobachtertruppe den Konflikt zu internationalisieren und Europa gegen Israel ins Spiel zu bringen. Im März hatten die USA dies mit einem Veto verhindert. Israel ist gegen eine internationale Mission, da sie keine Selbstmordattentate verhindern, sondern lediglich Armee-Operationen beobachten könnte; daher wäre sie einseitig.

Doch dann trat eine überraschende Wendung ein. Ägypten, das sich bisher hinter die Forderung nach internationalen Beobachtern gestellt hatte, scherte aus der arabischen Front aus: Gegen den Willen Israels Beobachter zu entsenden, sei für die Friedensbemühungen nicht förderlich. Eine ägyptische Delegation hatte in den USA vergangene Woche Gespräche mit hochrangigen US-Offiziellen darüber geführt, wie ein dauerhafter Waffenstillstand vermittelt werden könnte. Ägypten stimmte sogar der Position zu, dass Arafat mehr tun müsse, um die Gewalt zu kontrollieren und versprach, Einfluss auf ihn geltend zu machen. Die USA erklärten, sie würden Sharon weiterhin drängen, zurückhaltend auf palästinensische Terrorattacken zu antworten.

Vermutlich ist der ägyptische Schwenk eine Reaktion auf die leicht veränderte US-Politik der letzten Wochen. Die USA hatten die israelische »Liquidierungspolitik« und die Besetzung des Orient Hauses in Ost-Jerusalem kritisiert und damit versucht, ihre Anti-Irak-Koalition mit Jordanien, Saudi-Arabien und eben Ägypten wiederzubeleben und die UN-Ebene zu unterlaufen. Die radikalen arabischen Staaten wie Syrien und der Irak versuchen hingegen, mittels der Konferenz in Durban die UN gegen Israel zu instrumentalisieren. Die Europäer positionieren sich mit ihren Versuchen, das Irak-Embargo zu unterlaufen und internationale Beobachter im Nahen Osten durchzusetzen, gegen Israel.

Offenbar befürchtet Ägypten, dass die Al-Aqsa-Intifada zu einer dauerhaften und ökonomisch katastrophalen Destabilisierung der gesamten Region führt. In der vergangenen Woche verlautete aus israelischen Armeekreisen, die Intifada könnte sich bis ins Jahr 2006 fortsetzen. Der Iran heizt den Konflikt bereits weiter an und forderte die im Libanon operierende islamistische Warlordtruppe Hisbollah kürzlich auf, an den Nordgrenzen Israels aktiver zu werden. Irans Außenminister Kamal Kharazi appellierte an Syrien und Ägypten, »effektive Mechanismen« zu installieren, um Israels Angriffe auf die Palästinenserbehörde zu stoppen. »Die Europäische Union und der UN-Sicherheitsrat nehmen dieses sensible Thema ernst«, erklärte er freimütig. Der Irak seinerseits hat seine Forderung an die UN bekräftigt, aus dem Oil-for-Food-Programm der Uno fast eine Milliarde Dollar dem palästinensischen »Brudervolk« zur Verfügung stellen zu dürfen.

Ägypten jedoch hat mit seinem Schwenk deutlich gemacht, dass das europäische Konzept den eigenen Interessen zuwiderläuft. Zudem hat Israels Außenminister Schimon Peres angekündigt, dass er sich »in naher Zukunft« mit Arafat treffen wolle, um mit ihm über die Umsetzung der im Juni vereinbarten Waffenruhe zu sprechen; er deutete auch weitergehende Zugeständnisse Israels an die Palästinenser an. Damit wären die Europäer, die Arafat für eine weitere Zuspitzung des Konflikts benötigt, erfreulicherweise ausgebootet.