Frankreichs Gleichstellungsgesetz

Pacs mich un peu!

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Fast ein Jahrzehnt währte die französische Debatte um das Geichstellungsgesetz, jetzt kann es kommen, wenn auch nicht so, wie es einst von den Sozialisten versprochen worden war. Gleichgeschlechtlichen Paaren, aber auch heiratsunwilligen Heteros ermöglicht die "Kleine Ehe", der Pacte civil de solidarité (Pacs), zukünftig etwas mehr Rechtssicherheit. Am vergangenen Mittwoch sprachen Frankreichs Verfassungsrichter das vorläufig letzte Wort in dem seit Dezember 1990 geführten Streit um Einführung und Ausgestaltung des Gesetzes (Jungle World, 51/98).

Damit ist Frankreich schon mal einen guten Schritt weiter als Deutschland, dennoch sind die Pacs-Paare deutlich schlechter gestellt als konventionelle Ehepaare. Zwar genießen die beiden Pacs-Partner ähnliche steuerliche Vorteile wie Verheiratete, dies allerdings erst drei Jahre nach Unterzeichnung des Pacs.

Bis zuletzt hatten konservative und rechte Politiker versucht, das Gesetz zu verhindern. Am 15. Oktober wurde der den Pacs einführende Gesetzestext in letzter Lesung vom Parlament angenommen. Während es den ultrakatholischen Moralisten um die christdemokratische Abgeordnete Christine Boutin um die Verteidigung der christlichen Ehe als einzig legitimer Form des Zusammenlebens ging, widersetzten sich viele ihrer bürgerlich-liberalen Kollegen wegen angeblich technischer Mängel dem Gesetzentwurf, hatten dabei aber vor allem die Homophobie ihrer Wähler im Sinn.

Am vergangenen Mittwoch ließ das von der Rechtsopposition angerufene Verfassungsgericht, den Gesetzestext passieren, ohne den Beanstandungen der Konservativen zu folgen. An einigen Punkten forderten die Richter Präzisierungen, die jedoch auf eine Verwässerung hinauslaufen. Der Text sei nur dann verfassungskonform, wenn die Ausführungsdekrete für das Gesetz - die durch die Regierung zu verabschieden sind - bestimmte inhaltliche Vorgaben berücksichtigen. Der erste wesentliche Punkt ist, dass der Abschluss des Pacs voraussetzt, dass beide Unterzeichner tatsächlich als Paar zusammenleben. Damit erteilten die Richter dem Vorschlag der Sozialisten eine Absage. Dieser hatte vorgesehen, den Pacs auf Geschwisterpaare und andere nicht-sexuelle Formen des Zusammenlebens auszuweiten, um den Aspekt der Gleichstellung homosexueller mit heterosexuellen Formen zurückzudrängen.

Zweiter zentraler Punkt: Die Pacs-Partner haben zwar, so die Richter einerseits, Anspruch auf Schutz ihres Privatlebens, weshalb eine "Homosexuellenkartei" in Form einer Pacs-Registrierung vermieden werden müsse. Andererseits aber hätten "schutzwürdige Dritte", wie etwa Vermieter, ein Recht darauf, die Verhältnisse zwischen zwei durch einen Pacs verbundene Personen zu kennen, weshalb es doch eine Form von Register geben müsse, das freilich "nicht die sexuellen Präferenzen der Betroffenen verraten" dürfe.

Diese widersprüchlichen Vorgaben dürften der Regierung noch einiges Kopfzerbrechen bereiten, denn spätestens im Dezember - nach Konsultierung der Datenschutzkommission CNIL und des Obersten Verwaltungsgerichts - sollen die Ausführungsbestimmungen erlassen werden. Damit die ersten Pacs-Beziehungen noch vor Ende des zweiten Jahrtausends geschlossen werden können.

Die Einschränkungen der Verfassungsrichter mögen dem protestantisch-calvinistisch geprägten Premier Lionel Jospin so unrecht nicht gewesen sein, will er doch bei den nächsten Präsidentschaftswahlen im Jahre 2001 antreten und muss daher auf Ressentiments in der Bevölkerung Rücksicht nehmen.