Wahlkampf in Österreich

Macher vs. Propellerzwerg

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Acht Sekunden im österreichischen Staatsfernsehen ORF reichten aus, um letzte Woche für einen kleinen Sommerlochskandal zu sorgen. Offenbar als Reaktion auf eine Intervention aus dem Büro des österreichischen Bundeskanzlers Viktor Klima (SPÖ) wurde ein Beitrag der ORF-Nachrichten um acht Sekunden gekürzt. Es ging um Subventionen der EU an ein österreichisches Unternehmen namens Euroteam.

Just in jenen nicht gesendeten Sekunden wurden die Namen von zwei recht prominenten Österreichern genannt, die in die Euroteam-Affäre verwickelt sein sollen: Klima und Mock. Der eine ist Sohn des Regierungschefs, der andere Sohn des Kanzlersprechers. Die Sozialdemokraten dementierten jede Einflußnahme auf den ORF, Koalitionspartner ÖVP dagegen sprach von interventionistischen Telefonaten.

Dies dürfte aber nicht der letzte ORF-Skandal für diesen Sommer gewesen sein. Denn immer wenn in Österreich gewählt werden soll, wird der ORF zum beliebten Ansprechpartner von allen politischen Seiten - am dritten Oktober steht mit dem Parlamentsvotum die wohl wichtigste Wahlentscheidung für die nächsten vier Jahre an.

Auch die nicht gerade von Harmonie geprägte Zweckgemeinschaft zwischen der SPÖ und der ÖVP wird in diesem Sommer auf eine harte Probe gestellt. Die Konservativen möchten sich von den Sozialdemokraten lösen und attackieren den Koalitionspartner, wo es nur geht.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Andreas Rudas errechnete, daß in den letzten Wochen der Kanzler 260 Mal von der ÖVP der Lüge bezichtigt wurde. Anscheinend hat die ÖVP dem Macher-Image des Kanzlers nur wenig entgegenzusetzen: Klima stellt ein neues Wirtschaftsprogramm vor und raubt der ÖVP das mühsam zurechtgezimmerte Image der Wirtschaftspartei. Klima organisiert eine Balkankonferenz der europäischen Sozialdemokraten in Wien und nimmt damit ÖVP-Chef und Außenminister Wolfgang Schüssel die Aufmerksamkeit der österreichischen Medien.

Kein Zweifel: Klima ist der medial attraktivere Kandidat, Schüssel fällt - von mißgünstigen Österreichern wegen seiner etwas schmächtigen Statur und den farbenfrohen Fliegen oft "Propellerzwerg" genannt - dagegen ab.

Doch so sehr die beiden Partner einander das Leben schwer machen - nach der Wahl werden sie doch wieder aufeinander angewiesen sein. Denn das Liebäugeln der ÖVP mit Haiders FPÖ scheint zur Zeit nicht gerade sinnvoll: In verschiedenen Umfragen pendelt sich die FPÖ auf 23 Prozent der Stimmen ein, das reicht mit den für die ÖVP prognostizierten 26 Prozent nicht zur Mehrheit im Parlament.

Und auch die SPÖ wird für die nächsten vier Jahre auf die ÖVP angewiesen sein: Zwar würde sie im Augenblick mit 37 bis 39 Prozent die stärkste Partei bleiben, aber aus der erhofften Ampelkoalition mit den Liberalen und den Grünen wird wohl nichts. Die Grünen könnten zwar zulegen, dafür ist aber der Einzug der Liberalen ins Parlament zweifelhaft.

Dafür hat Österreichs Parteienlandschaft eine neue Facette: Richard Lugner, Bauunternehmer, Society-Baron und Ex-Bundespräsidentschaftskandidat, hat seine eigene Partei gegründet: Sie heißt Die Unabhängigen, und 19 Prozent der Österreicher können sich zur Zeit vorstellen, sie zu wählen.