Anti-Ausländer-Kampagnen und ihre Auswirkungen

Linksradikal für die Regierung

Von Ivo Bozic

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Die Feststellung, daß die CDU mit ihrer rechten Kampagne gegen die Doppelte Staatsbürgerschaft, die im Kern eine Anti-Ausländer-Kampagne ist, die Mehrheit der deutschen Bevölkerung hinter sich hat, bedarf weder einer Auszählung der Unterschriftenlisten noch einer Analyse der Hessen-Wahl. Repräsentative Umfragen haben das schon vor Monaten ergeben - und die CDU/CSU wohl erst zu ihrer Aktion ermutigt.

Der Protest gegen die Unterschriftensammlung jedoch, der von Autonomen über die Frankfurter Rundschau bis zu Thomas Gottschalk reicht, erweckt den Eindruck, die Kampagne sei für die Union nach hinten losgegangen. So ist es leider nicht. Die Rechte hat auf ganzer Linie gewonnen. Sie wird - das war ohnehin klar - die Doppelte Staatsbürgerschaft zwar nicht aufhalten, aber hat die vorhandenen Stimmungen gegen AusländerInnen nachhaltig aufgeheizt und vor allem den Diskurs über das Staatsbürgerschaftsrecht so geprägt, daß die Doppelte Staatsangehörigkeit nun als geradezu linker und radikaler Vorstoß diskutiert wird.

Die Stoibers und Schäubles haben soviel Druck aufgebaut, daß selbst Linke und Linksradikale, die früher mal öffentlich von offenen Grenzen für alle sprachen, in ihrem Protest gegen die Unterschriftenaktion fast nur noch die Regierungsforderung nach dem Doppelpaß dahinstottern.

Die Union hat über ein Dutzend Jahre lang eine Ausländer-Raus-Politik betrieben. Die faktische Abschaffung des Asylrechts war dabei nur einer der Höhepunkte. Kohl und Co. haben in ihrer Amtszeit - immer wieder unterstützt von der SPD-Opposition - aus Deutschland eine Festung gemacht, in der MigrantInnen nur noch als störende Eindringlinge erscheinen. Daß Autonome gerade jetzt CDU-Geschäftsstellen mit Pflastersteinen und Farbbeuteln eindecken, muß - unabhängig von der Motivation der jeweiligen AktivistInnen - in der Öffentlichkeit den Eindruck erwecken, daß sie sich die Hoffnung auf einen Politikwechsel durch Rot-Grün von den Rechten nicht kaputtmachen lassen wollen. Die heutige Apo kämpft für die Apo von gestern, also die Regierung von heute - gegen die Regierung von gestern. Verrückt.

Auch die PDS, die in ihrem Programm eine durchaus fortschrittliche "AusländerInnen-Politik" formuliert hat, wird zur Zeit vom rechten Windstoß durcheinandergewirbelt. Geradezu hilflos erscheint ihr Einsatz für den Doppelpaß: Ein Flugblatt, das die Bundestagsfraktion drucken ließ, titelt "Gleiche Rechte für alle! Doppelte Staatsbürgerschaft jetzt!" Es fällt schon niemandem mehr auf, daß dies ein Widerspruch ist. Die Doppelte Staatsbürgerschaft ist nichts als eine erleichterte Einbürgerung. Gleiche Rechte sollen auch künftig nur für Menschen mit deutschem Paß gelten. Wer sich nicht zum Deutschen machen läßt, bleibt ein minderwertiges Mitglied der Gesellschaft; ihm oder ihr bleiben Bürgerrechte wie das allgemeine Wahlrecht vorenthalten.

Die Doppelte Staatsbürgerschaft ist die Fortschreibung der alten AusländerInnen-Politik mit anderen Mitteln. Die berechtigte Aufregung über die üble Hetzkampagne von CDU bis NPD läßt ausgerechnet den Kanther-Verschnitt Otto Schily und seine Jungs in hellem Licht erstrahlen. Solange aber Rechte an Pässe und Pässe an eine dubiose "kulturelle Integration" gekoppelt sind, kann von einem Politikwechsel nicht die Rede sein.