Subversive Hilfe aus den USA

Kuba präsentiert nach Anschlagserie einen geständigen Tatverdächtigen

Eine Woche nach der Anschlagserie auf drei kubanische Hotels in Havannas Stadtteil Miramar präsentierte das kubanische Innenministerium am vergangenen Mittwoch den mutmaßlichen Attentäter, einen salvadorianischen Staatsbürger namens Raœl Ernesto Cruz Le-n.

Die Festnahme des Verdächtigen, der am 31. August via Guatemala mit einem Touristenvisum eingereist war, sei dem Innenministerium zufolge bereits am vergangenen Freitag nach der Detonation einer weiteren Bombe in Havannas legendärer Bar Bodeguita del Medio erfolgt. Cruz, bei dem Anleitungen und Materialien für den Bau der Bomben gefunden wurden, habe alle vier Anschläge gestanden, bei denen es ein Todesopfer und mehrere Verletzte zu beklagen gab. Dem Geständnis des Salvadorianers zufolge sei er für diese Aufträge in den USA ausgebildet worden und habe für jeden der Anschläge ein Handgeld von 4 500 US-Dollar erhalten. Auch die Anschläge auf die Hotels Capri und Nacional vom 12. Juli, bei denen nur geringer Sachschaden entstand, gehen - so erklärte das Innenministerium - auf das Konto von Cruz Le-n.

Von wem der Festgenommene den Auftrag für die Terroranschläge erhalten haben soll, ist bis dato allerdings nicht geklärt. Das kubanische Innenministerium macht in einer Erklärung die exilkubanische Cuban American Nacional Foundation (CANF) verantwortlich, ohne jedoch Beweise für diese Beschuldigung vorzulegen. Allein zwischen 1994 und 1997 seien mehr als 30 Attentatspläne aufgedeckt worden, die von der CANF oder anderen reaktionären Exilorganisationen von Miami aus vorbereitet worden seien, so das Innenministerium in Havanna. Diese Informationen habe man an die Amtsstellen der Vereinigten Staaten weitergegeben, ohne daß diese etwas gegen das terroristische Treiben unternommen hätten.

Von den USA wurden diese Vorwürfe in einer offiziellen Erklärung zurückgewiesen. Ein Regierungssprecher erklärte, daß keinerlei Informationen über in den USA geplante Aktionen gegen Kuba vorlägen und daß es "wenig glaubhaft sei, daß die erfahrenen und ausgefeilten Sicherheitsdienste" Kubas nicht in der Lage seien, derartige Pläne aufzuspüren. Diese Erklärung aus Washington, wo durchaus bekannt sein dürfte, daß in den Sümpfen Floridas Exilkubaner von Ausbildern der US-Armee trainiert werden, ist an Süffisanz kaum zu überbieten. Daß sich die Vereinigten Staaten ernsthaft um Aufklärung bemühen, dürfte also kaum zu erwarten sein. Gleichzeitig ist klargeworden, daß die kubanischen Sicherheitsdienste Probleme haben, die Tourismus-Einrichtungen des Landes zu schützen. Angeblich hat sich der Inselstaat schon um die Hilfe von Antiterror-Spezialisten aus Großbritannien und Israel bemüht.

Der Tourismus, wichtigster Devisenbringer des Landes, ist in den letzten Jahren ins Visier paramilitärischer Exilorganisationen gerückt, was spätestens seit 1993, nach einem Schnellbootangriff auf Hotelanlagen in Varadero, offensichtlich ist. Zu dem damaligen Anschlag bekannte sich die Terror-Organisation Alpha 66, der enge Kontakte zur CANF des reaktionären exilkubanischen Unternehmers Jorge M‡s Canosa nachgesagt werden. Die CANF, die sich bester Kontakte zu den Senatoren Jesse Helms und Dan Burton, den Hauptinitiatoren des bekannten Boykott-Gesetzes gegen Kuba, erfreut, wies diese Beschuldigungen als "lächerlich und absurd" zurück. Andererseits erklärte die Organisation nach dem vorletzten Anschlag, bei dem ein italienischer Tourist ums Leben kam, jede Aktion, die die Regierung Fidel Castros destabilisiere, sei gerechtfertigt.

Angesichts der Erklärung aus dem Weißen Haus scheint es wenig wahrscheinlich, daß die US-amerikanischen Behörden eine Untersuchung gegen die CANF und andere Exilorganisationen einleiten, zumal es bisher an Beweisen von kubanischer Seite mangelt und einige Fragen noch ungeklärt sind. Weshalb hätte Cruz Le-n beispielsweise für eine derartig geringe Summe sein Leben aufs Spiel setzen sollen? Und was ist mit der verdächtigen Kolumbianerin, die nach dem Anschlag auf die Bodegiuta del Medio gesucht wurde?

Unterdessen schob die kubanische Parteizeitung Granma neue Beschuldigungen an die Adresse der USA nach: Demnach sei David Norman Dorn von der Freedom House Foundation, einer Stiftung, der enge Kontakte zur CIA nachgesagt würden und die bereits eine wichtige Rolle bei der Destabilisierung der ehemaligen realsozialistischen Länder Osteuropas gespielt habe, zuletzt Mitte August in Kuba gewesen, um "Material und Geld an konterrevolutionäre Köpfe" zu übergeben. Bei diesen "subversiven Aktivitäten" sei Dorn von der US-amerikanischen Interessensvertretung in Havanna unterstützt worden.