Regierungswechsel in Griechenland

Wechsel der Dynastien

In Griechenland löst eine sozialdemokratische die konservative Regierung ab. Doch weiterhin wird die Politik von zwei Familien bestimmt.

In griechischen autonomen Kreisen zirkuliert ein Witz: Jesus muss Grieche gewesen sein. Denn wie es in Griechenland weithin üblich ist, begann Jesus erst im Alter von 33 Jahren zu arbeiten, er übernahm den Beruf des Vaters, und wie viele griechische Mütter hielt Maria ihren Sohn für Gott. Auch die Dynastien griechischer Politiker folgen dem Vorbild Jesus’, ihre Klientel betet sie zwar nicht an, scheint sie aber immer noch nicht satt zu haben.
Sowohl der ehemalige als auch der neue Regierungschef stammen aus etablierten Dynastien. 1963 hatte Georgios Papandreou die Wahlen gewonnen, nach der Militärdiktatur wurde Konstantinos Karamanlis, Vorsitzender der rechtskonservativen Nea Dimokratia, zum ersten Ministerpräsidenten. 1981 übernahm erneut die Familie Papandreou mit ihrer nach dem Sturz der Junta gegründeten sozialdemokratischen Partei Pasok die Macht.
Im Jahr 2004 war die Familie Karamanlis noch einmal an der Reihe, nun durfte sich Konstantinos’ Neffe Kostakis der Macht erfreuen. Die Dynastie musste jedoch nach den Wahlen am vorvergangenen Sonntag die Regierungsmacht Georga­kis, dem Enkel von Georgios und Sohn von Andreas Papandreou, überlassen. Die Mutter von Georgakis Papandreou, Margaret, hat sich immer bemüht, ihrem vergötterten Nachwuchs zur Macht zu verhelfen.
»Wir wollen den Griechen die Hoffnung zurückgeben und sie wieder lächeln lassen«, versprach Georgakis Papandreou, der mit seinem klaren Sieg und einem Vorsprung von über zehn Prozent vor der Nea Dimokratia zumindest ein Lächeln auf die Gesichter seiner Pasok-Mitstreiter gezaubert hat. Wie jeder andere Kandidat behauptete auch er, das Rezept gegen die Rezession und die Korruption zu kennen. Doch nicht wegen seines vagen Programms hat er diesen leichten Sieg errungen.
Dubiose Geschäfte mit der Kirche, Korruption und Polizeigewalt, Sexaffären und Abhörskandale hatten die Rechtskonservativen bereits unpopulär gemacht. Doch vor allem das Versagen der Regierung bei der Bekämpfung der Waldbrände in den Jahren 2007 und 2009 brachte viele Griechen gegen die Nea Dimokratia auf. Karamanlis trat sofort nach der Wahlniederlage zurück, auch der ehemalige Wirtschaftsminister Giorgos Alogoskoufis und der zweitwichtigste Mann der Partei, Giorgos Souflias, haben sich von der Politik verabschiedet.
Auch die rechtspopulistische Partei Laos hat von der Unbeliebtheit der bisherigen Regierung profitiert und 5,6 Prozent erreicht. Die linke Koalition Syriza errang 4,5 Prozent und kommt ins Parlament, da hierfür nur drei Prozent der Stimmen notwendig sind. Die Medien führen diesen Erfolg auf die Popularität des neuen 35jährigen Vorsitzenden Alexis Tsipras zurück. In der Gesellschaft des Spektakels ist auch für die Linke nicht mehr ein politisches Programm, sondern ein fotogenes Gesicht ausschlaggebend. Der Stimmenanteil der KP sank geringfügig auf 7,5 Prozent, während die Ökologen, die im Juni den Einzug ins Europa-Parlament geschafft hatten, dieses Mal nicht über 2,5 Prozent hinauskamen. Ihre Anhänger dürften ihnen übel genommen haben, dass ihr Vorsitzender Michalis Tremopoulos während der Waldbrände im August seinen Zypern-Besuch nicht unterbrechen wollte. Er hielt das Verschwinden der letzten Grünflächen in der Umgebung der Hauptstadt offenbar nicht für wichtig genug, um seine Halloumi-Häppchen liegen zu lassen.