»Ich respektiere die Saudis dafür, dass sie meine Website blockieren«

Assaf Shabi Getenio betreibt die Website gaymiddleeast.com, ein Nachrichtenportal für die LGBT-Szenen im Mittleren Osten. Die Jungle World sprach mit ihm über den Besuch von Außenminister Guido Westerwelle (FDP) in Saudi-Arabien, in Katar, Jemen und den Vereinigten Emiraten.

Viele deutsche Zeitungen sind stolz darauf, dass Westerwelle in Saudi-Arabien sogar vom König empfangen wurde, obwohl Westerwelle mit einem Mann zusammenlebt. Was müssen denn Saudis fürchten, die offen in einer homosexuellen Beziehung leben?
In Saudi-Arabien wird der Vollzug von Analverkehr mit dem Tod bestraft. Wenn Westerwelle nicht Außenminister Deutschlands, sondern etwa ein Saudi wäre, würde er vielleicht hingerichtet.
In Saudi-Arabien soll es trotzdem eine Schwulenszene geben.
Ja, die gibt es. Aber das schwule Leben findet im Untergrund statt. Das letzte Mal wurden 2005 einige Homosexuelle hingerichtet. 2009 wurden zwei Männer hingerichtet – angeblich nicht wegen ihrer Homosexualität, sondern vorgeblich wegen Vergewaltigung.
Westerwelle hat 1998 in einem Interview von der damaligen deutschen Regierung mehr internationales Engagement gegen die Verfolgung von Schwulen und Lesben gefordert. Jetzt, als Außenminister, hat er es vermieden, dieses Thema anzusprechen.
Das ist eine Schande, aber da geht es nicht so sehr um Westerwelle, sondern um den Westen. Der Westen verkauft immer seine Ideale. Westerwelle kam mit einer Menge Managern an, und die verkaufen Werte für Geld. Und das ist der Grund, warum ich die arabischen Länder bewundere, sie verkaufen ihre Werte nicht, oder jedenfalls nicht in dem Maß, wie der Westen dies tut. Ich respektiere die Saudis dafür, dass sie meine Website blockieren, weil sie Werte haben und für sie kämpfen. Ich kann versuchen, sie davon zu überzeugen, dass ihre Werte falsch sind, aber ich kann sie respektieren. Aber ich kann nicht Leute respektieren, die ihre Werte für Geld verkaufen.
Manche sagen, selbst wenn Westerwelle sich gar nicht zum Thema äußere, sei es zu begrüßen, dass der Saudische König einen Homosexuellen in seinem Palast empfangen muss.
Westerwelle ist nicht der erste Schwule in den Palästen der Region. Unter anderem gibt es schon lange das Gerücht, dass der König von Qatar schwul ist. Trotzdem werden dort Homosexuelle verfolgt. Aber immerhin mussten die Herrscher jetzt ganz offiziell einen Schwulen empfangen. Und vielleicht hat das ja symbolischen Wert.