Die Rechten und die Freiheit

Mad Max gegen den Messias

Dass militante Rechte den Begriff der Freiheit für sich reklamieren können, verweist auf Schwächen der Linken.

Haben die Rechten manchmal recht? Wenn die Oath Keepers schwören, dass sie keinen Befehl befolgen werden, der »das Recht verletzt, eine Meinung frei zu äußern und sich friedlich zu versammeln«, wünscht man sich einen solchen Eid auch von deutschen Polizisten. Spottet J.B. Williams auf der Website Conservative Truth über liberals, die »immer auf der Suche nach einem Messias« sind, liegt er nicht völlig falsch, auch wenn die »Obamania« mitterweile abgeklungen ist.
Dass sich hinter scheinbar fortschrittlichen Aussagen letztlich doch nur das Ressentiment reaktionärer weißer Männer verbirgt, ist bei näherem Hinsehen leicht erkennbar. Doch anders als europäische Reaktionäre und Faschisten wünschen die meisten Rechtsextremisten in den USA keinen starken Zentralstaat. Sie wollen nicht mit einem »großen Führer« im Gleichschritt marschieren, sondern lieber wie John Wayne in »Alamo« mit einer kleinen Gruppe von Getreuen den Kampf gegen eine Übermacht führen oder sich als lonely wolves wie Mad Max in einem postapokalyptischen Chaos den Weg freischießen. Der unter den Christen der USA weit verbreitete Glaube an den bald bevorstehenden Weltuntergang vermischt sich bei ihnen mit Rassismus und ungebrochenem Männlichkeitswahn. Zu glauben, man könne den rebellischen Impuls nutzen und die Rechten bekehren, ist daher eine Illusion.
Die Linke kann manche Begriffe, etwa den der Nation, getrost den Rechten überlassen. Bei der Freiheit ist das jedoch nicht der Fall. Dass militante Rechte sich mit einigem Erfolg als Rebellen gegen das »Establishment« darstellen können, verweist daher auf Schwächen sowohl der liberalen wie der radikalen Linken. Unter den prominenten US-Politikern forderte allein der rechtslibertäre Republikaner Ron Paul die Auflösung des Department of Homeland Security, jener von George W. Bush gegründeten Behörde, die nicht zu Unrecht als Symbol für den Überwachungsstaat gilt. Unter Präsident Barack Obama steht die Demokratische Partei, anders als in den sechziger Jahren unter Lyndon B. Johnson, nicht für eine Erweiterung der Bürgerrechte, und auch von einer Verbesserung der sozialen Verhältnisse ist wenig zu spüren.
Dass Ende der sechziger Jahre die Amerikaner nicht nur freier, sondern auch sozial besser abgesichert lebten, war vor allem das Verdienst radikaler Bürgerrechtler und linker Bewegungen. Doch Reformen konnte die Linke nur erkämpfen, weil sie die Revolution, die soziale oder wenigstens eine demokratische, wollte und in Johnson alles andere als einen Messias sah. Präsident ­Obama zu unterstützen, wenn es, wie im Fall der Gesundheitsreform, um konkrete Verbesserungen der Lebensbedingungen geht, wäre ja nicht verwerflich, solange dies nur ein Aspekt einer unabhängigen Politik ist. Doch ohne einen eigenen Begriff von Freiheit, der sich gegen rassistische und sozialdarwinistische Männerbünde, aber auch gegen den immer tiefer in die Privatsphäre eindringenden Überwachungsstaat wendet, steht die Linke den revoltierenden Rechten hilflos gegenüber.