Die Befragung über die Fusion zwischen NPD und DVU

Fusion mit Hindernissen

Die Mitglieder von NPD und DVU haben bei einer Befragung für die geplante Fusion beider Parteien gestimmt. Ob es tatsächlich dazu kommt, ist fraglich.

Die Bundesvorsitzenden von NPD und DVU hatten auf dieses Ergebnis gehofft, nun haben die Mitglieder der beiden Parteien den Wünschen von Udo Voigt (NPD) und Matthias Faust (DVU) entsprochen. Eine große Mehrheit der DVU stimmte für eine Fusion mit der NPD. Einen Tagzuvor hatten die Mitglieder der NPD einer solchen Vereinigung zugestimmt. Sie dürfte jedoch weiterhin durch Richtungsstreitigkeiten, vor allem innerhalb der DVU, erschwert werden.

Binnen zwei Wochen beteiligten sich etwa 1 100 Mitglieder der DVU, die rund 4 500 Anhänger vereint, an der Befragung. 90,95 Prozent von ihnen halten eine Fusion für »sinnvoll«. Bei der NPD, nahmen 6 800 Mitglieder von ungefähr 2 000 von ihnen teil. 92,47 Prozent der Befragten stimmten für eine Vereinigung, allerdings unter der Bedingung, dass »keine neuen Schulden entstehen«. Die Schulden der DVU belaufen sich derzeit auf mindestens 900 000 Euro. In der DVU stimmten zudem 67,98 Prozent für einen neuen Parteinamen, falls es zu der Vereinigung kommen sollte. Für die Anhänger der NPD wäre das hingegen undenkbar, die Mehrheit votierte gegen eine Namensänderung. Fast einig sind sich die Befragten darüber, dass auch mit anderen Parteien und Organisationen eine Vereinigung angestrebt werden solle. Um welche Partner es sich dabei handeln könnte, lassen Voigt und Faust bislang offen. Die »Republikaner« erteilten bereits im März auf ihrem Parteitag in Hamm möglichen Fusionen eine Absage, und auch die »Pro«-Gruppen in Köln und Berlin signalisieren keinerlei Interesse.

Ein Risiko sei die Mitgliederbefragung schon gewesen, räumte Voigt ein. Nicht nur, weil in der Geschichte der 1964 gegründeten NPD eine solche Befragung noch nie durchgeführt worden sei, sondern auch, weil »man nicht weiß, wie die Mitgliederbefragung ausgeht«. Nun hofft der Bundesvorsitzende der NPD darauf, dass die beiden »größten und ältesten nationalen Parteien« bereits im Jahr 2011 eine »starke Kraft« sein werden. Fabian Virchow, Leiter der Forschungsstelle Rechtsextremismus an der Fachhochschule Düsseldorf, prognostiziert jedoch eine andere Entwicklung. Er bezeichnet die DVU als »überaltert« und sagt: »Es ist sehr wahrscheinlich, dass aus der kaum aktiven DVU ein Teil in die NPD geht, ein Teil zur Pro-Bewegung und ein Teil sich nicht mehr parteipolitisch bindet.«

In der vergangenen Woche äußerten Hans-Gerd Wiechmann, Vorsitzender der niedersächsischen DVU, und der nordrhein-westfälische DVU-Vorsitzende Max Branghofer mehrfach gegenüber der Presse, sie seien nicht zur Fusion mit der NPD bereit, und warfen ihrem Bundesvorsitzenden vor, er habe die Partei verraten. Seit Faust im Januar 2009 die Führung der DVU übernommen hat, hat sich der Mitgliederschwund in der Partei beschleunigt und die Finanzprobleme haben zugenommen. »Der Zustand der DVU ist desolat«, bestätigt Virchow. Die Fusionspläne des Bundesvorsitzenden haben die Krise der Partei verstärkt. Die DVU-Verbände in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen versuchten, Faust des Amtes zu entheben, um die Befragung der Mitglieder zu verhindern. Mit einem Gerichtsbeschluss erstritt sich Faust seinen Posten zurück.

In der brandenburgischen DVU quittierte man die innerparteilichen Querelen mit Rücktritten. Mitte Juni legte Liane Hesselbarth, Landesvorsitzende der DVU, ihr Amt nieder. Kurz zuvor hatte bereits ihr Stellvertreter Norbert Schulze seinen Rückzug verkündet. Auf programmatische Differenzen in der DVU verweist der Landesvorsitzende aus Niedersachsen. Wiechmann, früher selbst ein Mitglied der NPD, betont, dass sich die DVU, im Unterschied zur NPD, zum Grundgesetz bekenne. Aus diesem Grund gründete 1971 Gerhard Frey die DVU zunächst als Verein, der später zur Partei wurde. NPD-Aktivisten aus dem Norden der Republik scheinen Wiechmanns Einschätzung zu teilen. Vor der Bekanntgabe des Votums der befragten Mitglieder erklärten sie auf dem Internetportal »mein-sh.info«, die DVU stehe fest auf dem Boden des Grundgesetzes, während die NPD dieses abschaffen wolle.

Mitte Juli verriet Branghofer, dessen NRW-Landesverband zu den größeren der DVU zählen soll, dass er schon länger mit der »Pro-Bewegung« verhandele. Mit einer Fusion von NPD und DVU rechnet auch der Verfassungsschutz nicht. Die Chancen für einen Zusammenschluss seien mehr als gering, meint etwa Artur Hertwig vom Bundesamt.

Vor dem Bundesparteitag der NPD, der Anfang Juni in Bamberg stattfand, hatte ihr Vorsitzender Voigt verkündet: »Wir brauchen eine Verschmelzung.« Dabei betonte er, dass die »nationalen Wähler« eine »starke ›Rechtspartei‹ in Deutschland« wollten. Faust, der sich bei der Pressekonferenz neben Voigt platziert hatte, sagte, dass der alte Traum der Rechten von einer gemeinsamen Partei mit der Fusion von NPD und DVU Wirklichkeit werden könne. Dieses Signal sollte die wesentliche Botschaft des Parteitags sein und mit der anschließenden Mitgliederbefragung bestätigt werden. Deutlich wurde dabei vor allem, dass die DVU für die NPD kein gleichberechtigter Verhandlungspartner ist. »Innerhalb der NPD besteht nicht der Wille, der DVU auf Augenhöhe zu begegnen«, kommentiert Hertwig vom Verfassungsschutz.

Udo Voigt bemüht sich jedoch weiterhin, den Schein einer gleichberechtigten Partnerschaft zu wahren. Er erklärte, dass die Führungen beider Parteien als ersten Schritt einen Verschmelzungsvertrag aushandeln müssten, bevor aus NPD und DVU eine Partei werde. Offensichtlich möchte der Bundesvorstand der NPD nicht den Eindruck erwecken, dass die NPD die schwächere DVU überrumpelt. Schließlich müssen dem Verschmelzungsvertrag nicht nur die Bundesvorstände beider Parteien zustimmen, sondern auch die Parteitage, bis eine Urabstimmung der Mitglieder die Fusion endgültig beschließt. Bis Ende dieses Jahres möchte Voigt die Fusion vollzogen haben. Das Ergebnis einer aktuellen Umfrage von Emnid, wonach sich 20 Prozent der Wahlberechtigten vorstellen könnten, eine bürgerlich-konservative Partei rechts von der CDU zu wählen, dürfte ihn vielleicht motivieren. Denn diesem Image möchten NPD und DVU mit ihrer Fusion möglichst nahekommen.