Söldner sind so

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Vielleicht stand Mohammed Ag Najm zu lange in den Diensten Muammar al-Gaddafis, um sich Realitätssinn bewahren zu können. Der libysche »Revolutionsführer« fiel nie durch analytischen Scharfsinn auf, stellte sich aber auch bei seinen militärischen Abenteuern im Ausland nicht sehr geschickt an. Immerhin sorgte er für seine Verbündeten. Wenn ein von Gaddafi unterstützter Aufstand scheiterte, was meist der Fall war, gab er überlebenden Guerillakommandanten einen Job in seiner Armee. So trat Ag Najm nach einer misslungenen Tuareg-Rebellion in Mali in Gaddafis Militär ein und brachte es bis zum Oberst. In einer Hinsicht war Ag Najm klüger als sein Chef. Als er im vergangenen Jahr erkannte, dass Gaddafis Lage aussichtslos war, machte er sich rechtzeitig aus dem Staub, nicht ohne sich zuvor in den Waffenlagern zu bedienen. So ausgestattet, blieb Ag Najm nicht lange arbeitslos. Er wurde Kommandant der Nationalbewegung für die Befreiung des Azawad (MNLA), der es binnen weniger Monate gelang, den Norden Malis zu erobern. Oder auch nicht. Denn sicher ist derzeit nur, dass die reguläre Armee Malis, geschwächt durch einen Putsch im März, den Krieg verloren und sich aus dem Norden zurückgezogen hat. Am Freitag voriger Woche, als die MNLA die Unabhängigkeit des Azawad (Land der Nomaden) ausrief, meldeten sich aus Timbuktu die Jihadisten der Ansar Dine zu Wort, die Verbindungen zu al-Qaida im islamischen Maghreb (Aqmi) haben. Sie wollen keinen Tuareg-Staat, sondern die Sharia. Timbuktu scheinen sie zu kontrollieren, und auch aus anderen Städten Nordmalis berichteten Augenzeugen von einer bewaffneten Präsenz der Jihadisten und ersten Maßnahmen des Tugendterrors. Zum Unwillen der meisten Tuareg, bei denen traditionell die Männer und nicht die Frauen ihr Gesicht verhüllen.
Wer einen Staat ausruft, sollte das von ihm beanspruchte Territorium wenigstens kontrollieren, dies kann wohl als wichtigste Regel für Separatisten gelten. Unerlässlich ist auch eine gute PR, die MNLA hätte sich der romantischen Vorstellungen über die Wüstenkrieger mit dem blauen Turban bedienen müssen, um für einen Tuareg-Staat zu werben. Stattdessen spricht man nun davon, dass Jihadisten Hände abhacken und eine überwiegend aus ehemaligen libyschen Söldern bestehende Bewegung die Sahel-Region destabilisiert, während das von Nigeria geführte Staatenbündnis Ecowas wahrscheinlich bereits eine Militärintervention vorbereitet, die wohl von den USA, vielleicht auch der EU, unterstützt werden wird. Bei dem Versuch, selbst »Revolutionsführer« zu werden, hat Ag Najm sich offenbar verkalkuliert. Und in Nordmali gibt es nicht einmal ein Abflussrohr, in dem er sich nach dem Vorbild seines ehemaligen Chefs verstecken könnte, wenn es brenzlig wird.