Über die Vorbereitung einer Militärintervention in Mali

Diskret intervenieren

Vor allem Frankreich und die westafrikanischen Staaten drängen auf eine Intervention gegen die Jihadisten in Nordmali.

Es sind nicht selten Offiziere, die derzeit vor den Folgen militärischer Interventionen warnen. »Die Situation kann nur auf diplomatische oder politische Weise gelöst werden«, sagte der US-General Carter Ham am Sonntag in Algier über den Konflikt in Mali. Ham ist der Oberkommandierende der US-Streitkräfte für Afrika (Africom), deren Sitz derzeit in Stuttgart ist.
In der algerischen Hauptstadt kamen der US-General und Staatspräsident Abdelaziz Bouteflika überein, dass Neuwahlen in Mali dringlicher seien als die Entsendung von Truppen. Dort herrschen seit einem Putsch am 22. März unklare politische Verhältnisse, seit August amtiert eine neue Übergangsregierung. Den Norden des Landes okkupieren seit dem Frühjahr jihadistische Gruppen. Die Regierung Bouteflikas hat kein Interesse daran, dass die zu einem großen Teil aus Algerien stammenden Jihadisten zurückkehren, und ist offenbar nicht unzufrieden, dass das Problem vorläufig »ausgelagert« ist.
Diese Haltung steht in scharfem Kontrast zu der Rede, die der französische Präsident François Hollande am Mittwoch der vergangenen Woche vor der 67. Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York hielt. Dort bezeichnete er die Verabschiedung einer Resolution des UN-Sicherheitsrats, die die Entsendung einer internationalen Truppe nach Mali erlauben soll, als »Gebot der Stunde«.

Niemand drängte so sehr auf die Annahme einer UN-Resolution wie Hollande. Frankreich werde sich um die Freilassung seiner sechs in Nordmali festgehaltenen Geiseln bemühen, aber »unsere Position kann auf die Geiseln keine Rücksicht nehmen«. Hingegen sprach US-Außenministerin Hillary Clinton von einem »Pulverfass«, sie fordert vor allem Wahlen in Mali, die derzeit aber nur in der südlichen Hälfte des Landes möglich seien. Die US-Regierung hat zur Doktrin erhoben, in Afrika nicht länger mit Regierungen zusammenzuarbeiten, die aus einem Putsch hervorgegangen sind.

Der Staatsstreich junger Offiziere in Mali ging allerdings nicht von der alten Oligarchie aus, sondern wurde durch die Demonstrationen der Ehefrauen von Soldaten ausgelöst. Diese begehrten dagegen auf, dass ihre Männer schlecht bewaffnet und schlecht ausgebildet im Norden »verheizt« würden. Die Unzufriedenheit in den unteren und mittleren Rängen der Armee, die sich auch gegen die Korruption der Oligarchie richtet, führte zur Spaltung der Streitkräfte und zu dem Putsch. Ihn unterstützen vorwiegend linksnationalistische Gruppen, etwa die »Front des 22. März«. Inzwischen entstehen mit Unterstützung der Oligarchie allerdings auch neue Milizen wie die »Streitkräfte zur Befreiung des Nordens« (FACO), die in einem Bericht von Amnesty International unter anderem für die Rekrutierung von Kindersoldaten gerügt werden.
Die Haltung zur alten Oligarchie einerseits, zuden als unkontrolliert geltenden sozialen Kräften andererseits bestimmte auch die Konflikte zwischen der malischen Übergangsregierung und der Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten (Ecowas), die eine Interventioin vorbereitet. Die Übergangsregierung sperrt sich dagegen, dass eine Eingreiftruppe auch im Süden des Landes stationiert werden soll, statt nur im Norden zu intervenieren. Regierungschefs der Ecowas, allen voran Blaise Compaoré, der Präsident Burkina Fasos, fordern hingegen eine Stationierung im gesamten Land. Compaoré ist der regionale Vermittler, doch er ist umstritten. Er ist einer der engsten Verbündeten Frankreichs in der Region, seit er vor fast genau 25 Jahren, am 15. Oktober 1987, seinen linken Vorgänger Thomas Sankara ermorden ließ.
Die Stationierung von Truppen im Süden Malis würden Teile der Bevölkerung als eine Art Besatzung betrachten, die vor allem die Interessen der alten Oligarchie sichern soll. Ende September wurde ein Kompromiss vereinbart. Die Interventionstruppen sollen »in Bamako oder Umgebung« stationiert werden, aber »diskret« bleiben, um »die Bevölkerung nicht zu provozieren«.