Berlin Beatet Bestes. Folge 209

Dürers Herzschlag

Berlin Beatet Bestes. Folge 209. Münchner Songgruppe: Lied vom Bayernland/Dürer-Lied.

Das Bayernland ist wunderschön, /viel Berge gibt es da und Seen./Doch Strand und Ufer sind zerfixt,/fast Überall Privatbesitz./So fin­dest du, der Ruhe will,/nur Massenandrang und Gewühl./Das hat zum Schaden Bayerns die CSU vollbracht!/Strauß und seine Bazis/und die Neo-Nazis,/die sind Bayerns größte Plag´./Jeder echte Bayer/fordert darum heuer:/macht die Demokraten stark.

Jetzt ist doch plötzlich sang- und klanglos das Pläne-Label verschwunden! Ich hab’s jedenfalls nicht bemerkt. Als ich zum letzten Mal im Internet guckte, gab es noch eine Website. Die Domain ist jetzt zu verkaufen. »2011 stellte das Unternehmen den Betrieb ein«, vermeldet Wikipedia nüchtern. Pläne, gegründet 1961, war eines der ältesten deutschen Independent-­Labels, dem genauen Wortsinn nach mit Sicherheit sogar das Älteste. Das linke Label vertrieb seine Platten zumindest in der Anfangszeit nämlich tatsächlich völlig unabhängig vom herkömmlichen Schallplattenhandel. Diese Platte der Münchner Songgruppe zum Beispiel wird nie die Nähe einer Roy-Black-Platte gespürt oder einer Freddy-Quinn-Single zugewunken haben. Pläne machte Platten für Linke und Kommunisten und die traf man in den sechziger Jahren in Gewerkschaftsgruppen, auf Demonstrationen und auf Konzerten politischer Liedermacher. Nun gibt es Pläne also nicht mehr. Irgendwie schade. Obwohl, gekauft hätte ich mir wahrscheinlich ohnehin keine der Liedermacher-CDs, die das Label in den vergangenen Jahren ver­öffentlichte, und Vinyl hat Pläne zum letzten Mal vor über 20 Jahren herausgebracht. Dabei gibt es in den Anfangsjahren im Katalog des Labels eine Vielzahl von kuriosen Aufnahmen von Fasia, Lerryn, Floh de Cologne und anderen, die eine hervorragende Compilation-LP her­gegeben hätten. »Incredibly Strange German Commie Songs« hätte sie heißen können. Leider wird die wohl nie erscheinen.
Zurück zu den zwei Songs dieser frechen Scheibe. Im »Lied vom Bayernland« der Münchner Songgruppe heißt es nur auf dieser 1970 live auf dem Arbeiterliederfestival in Essen aufgenomme Singleversion: »macht die Demokraten stark«. Auf ihrer im gleichen Jahr erschienenen LP hingegen frei heraus: »macht die Kommunisten stark«.
Im Dürer-Lied geht es um die 500-Jahr-Feier des Geburtstags von Albrecht Dürer, die 1971 in Bayern von der herrschenden Klasse wohl mit viel Pomp zelebriert wurde. Das empörte die Songgruppe verständlicherweise. Der Text ist zwar auf dem Cover übersetzt, hier dennoch das Original im Nürnberger Dialekt. Passt scho’!
Heid frißt die Herschafd nu ba uns/Ihrn Schdangerschpargl nei/Und held a wunderscheine Red/vom Dürer seiner Kunsd/Und lessds in jeder Zeidung schreim: Der Dürer, der kerrd uns!/Eich kerrd a Dreek, a Dreek sooch eich/Ka Schdick von derer Weld/Mir fiddern eich, mir duldn eich/Mir machen eich ­­es Geld/In Dürer sei warms Molerherz/hod fir die Bauern gschlogn/Dei hom – wei mir heid – seinerzeid/Die schlimmsten Lasdn trogn.

Mein Name ist Andreas Michalke. Ich zeichne den Comic »Bigbeatland« und sammle Platten aus allen Perioden der Pop- und Rockmusik. Auf meinem Blog Berlin Beatet Bestes (http://mischalke04.wordpress.com/) stelle ich Platten vor, die ich billig auf Flohmärkten gekauft habe.