»Eine große Aufgabe«

Auch am 70. Jahrestag der Bombardierung Dresdens hielten Nazis am Wochenende einen »Gedenkmarsch« ab. Silvio Lang, Sprecher des Bündnisses »Nazifrei! Dresden stellt sich quer«, spricht über den Gegenprotest und andere Ereignisse in der Stadt.

Für Beobachter aus der Ferne sind der Naziaufmarsch und die Gegenproteste ruhig verlaufen. Stimmt das?
Ich kann nicht sagen, wie der Naziaufmarsch verlaufen ist. Ich war selbst auf der Straße unterwegs. Zwischen der Polizei und den Gegendemonstranten blieb es jedenfalls nicht ruhig. Wir erfassen gerade, wie viele Verletzte es gegeben hat. Ausgehend von der Polizei kam es zu heftigen Auseinandersetzungen.
Gab es einen Auslöser?
Die Polizei war in vielen Situationen überfordert. Einzelne Polizisten haben diese Überforderung kanalisiert, indem sie wahllos auf Gegendemonstranten eingeprügelt haben.
Der sogenannte Trauermarsch in Dresden war einmal Europas größter Naziaufmarsch. Nun kamen nur 500 Nazis. Erledigt sich das Problem von selbst?
Wir haben als Bündnis schon darüber gesprochen, wann wir selbst überflüssig werden. Wir haben es geschafft, dass sich die Nazis am 13. Februar gar nicht mehr zu betätigen versuchen und es keinen Großaufmarsch mehr gibt. Die Zahl von 500 Teilnehmern bedeutet zum ersten Mal seit einigen Jahren eine Stagnation, es gibt also keinen Rückgang. Mit diesem harten Kern muss man wahrscheinlich in den nächsten Jahren rechnen. Wir sehen aber weniger in Hinsicht auf die Nazis, sondern in der Auseinandersetzung mit dem offiziellen Erinnerungsdiskurs und der Stadtgesellschaft noch eine große Aufgabe.
Wie sah das Gedenken zum 70. Jahrestag der Bombardierung aus?
Es wurde eigens der Bundespräsident eingeladen, der eine gruselige Rede gehalten hat. Er hat den Opfermythos bedient und rechts und links gleichgesetzt. Er hat explizit von »deutschen Opfern« geredet. Zudem hat er vor einer Instrumentalisierung des Tages von rechts und »linksaußen« gewarnt.
Dresden als unschuldiges Opfer der Alliierten – ist das weiterhin eine gängige Behauptung?
Sie ist in der Bevölkerung immer noch mehrheitsfähig. Von der Oberbürgermeisterin gab es in den vergangenen Jahren auch andere Töne. Sie sagt deutlich, dass der Krieg von Dresden und Deutschland ausgegangen sei. Daraus folgen aber keine Handlungen. Die Stadt veranstaltet weiterhin diese Menschenkette, bei der sich auch Nazis einreihen.