US-Präsident Barack Obama besuchte Kuba

Besuch nach 88 Jahren

Beim Besuch von US-Präsident Barack Obama in Kuba diese Woche soll es auch um die Lage der Menschenrechte gehen. Zuvor hatte die Repression gegen Regierungskritiker wieder zugenommen. Unter­nehmer hoffen auf eine weitere Lockerung des Wirtschaftsembargos.

Die Rede über die »komplizierte Geschichte« beider Staaten war der mit Spannung erwartete Höhepunkt der ersten Visite eines US-Präsidenten in Kuba seit 1928. Calvin Coolidge war der letzte US-Präsident, der einen Fuß auf die Insel gesetzt hatte. Sie sollte gemäß der Monroe-Doktrin von 1823 wie ein reifer Apfel in den Schoß der USA fallen. Es ist anders gekommen. Zwischen der Visite von US-Präsident Barack Obama, der am Sonntag auf dem internationalen Flughafen in Havanna ankam, und der von Coolidge liegen fast 90 Jahre, in denen die USA in Kuba zunächst den Ton angaben, dann gemeinsam mit dem Diktator Fulgencio Batista rausgeworfen wurden und sich mit dem realsozialistisch regierten Land schließlich jahrzehntelang eine erbitterte ideologische Fehde lieferten. Das Wirtschaftsembargo, die Invasion in der Schweinebucht, die Atomraketenkrise und Dutzende Attentaten auf den ehemaligen Staatschef Fidel Castro prägten Jahrzehnte, nun setzte sich Obama mit Raúl Castro zum Abendessen in den Palast der Revolution und freut sich darauf, ein neues Kapitel in der Geschichte der beiden Staaten aufzuschlagen.
Viele Kubaner sind die Konfrontation zwischen den beiden Nachbarn, die eigentlich viel gemein haben, leid, denn schließlich wohnen mindestens zwei Millionen Kubaner in den USA. »Wir sind Cousins und sollten uns auch so verhalten«, argumentiert Raúl Paz, ein Musiker aus Havanna. Der Besuch von Obama könne das begünstigen, doch es gibt noch einiges zu tun. Darauf machten die beiden Castro-Brüder in den vergangenen Monaten aufmerksam. Denn das US-Handelsembargo gegen Kuba besteht trotz punktueller Lockerungen fort; der Militärstützpunkt von Guantánamo sei weiterhin ein »Stachel im kubanischen Fleisch«; und auch über den Altbesitz von US-Bürgern und die kubanischen Entschädigungsforderungen aufgrund der Blockade, wie das Embargo in Kuba heißt, müssen sich die Staaten einigen.
In einer Frage liegen die beiden Seiten besonders weit auseinander, der der Bürgerrechte. Das zeigte sich am Sonntag nach der Messe in der Kirche Santa Rita beim wöchentlichen Marsch der Damen in Weiß auf der Fünften Avenida. Die rund 50 Menschenrechtlerinnen wurden festgenommen, in Busse verfrachtet und auf Polizeistationen gebracht, berichten Reporter der Nachrichtenagentur AFP. Ähnlich soll in Santiago de Cuba verfahren worden sein. Landesweit soll es rund 200 Festnahmen gegeben haben, obwohl Präsident Obama darauf bestanden hatte, sich in Havanna mit Menschenrechtlern zu treffen. Einer derjenigen, die eingeladen wurden, den US-Präsidenten zu treffen, ist Elizardo Sánchez, der Leiter der illegalen, aber geduldeten Kubanischen Kommission für Menschenrechte und Nationale Versöhnung (CCDHRN). Er klagt über ein Klima der politischen Repression vor der Visite Obamas und unterstellt der kubanischen Regierung, keinerlei Fortschritte im Bereich der Bürgerrechte zulassen zu wollen.
Ein Blick auf die Liste derjenigen, die Obama begleiten, zeigt, dass auch wirtschaftliche Themen auf der Agenda stehen. Zu den Unternehmern der Delegation zählen Arne Sorenson, der Geschäftsführer der Hotelkette Marriott Pritzker, sowie Ursula Burns, die Leiterin des Technologie- und Dienstleistungsunternehmens Xerox. Beide sehen gute Chancen, in Kuba zu investieren.
Dem Hamburger Kaufmann und Kuba-Experten Peter Schirrmann zufolge sind schon einige Grundstücke in Havanna für US-Hotels reserviert. Dazu passt, dass die US-Hotelkette Starwood kurz vor der Ankunft Obamas die Übernahme mehrerer Luxushotels in Havanna bekanntgab. So sollen noch in diesem Jahr das am Rande der Altstadt, am Parque Central, gelegene Hotel »Inglaterra«, das Hotel »Quinta Avenida« und andere umgestaltet und übernommen werden. Weitere Hotels könnten folgen, wofür eine Sondergenehmigung des US-Finanzministeriums bewilligt wurde. Im Tourismus- und Telekommunikationssektor sollen noch mehr Geschäfte möglich werden; so will etwa American Airlines Direktflüge anbieten und Airbnb soll bald Nicht-US-Touristen offenstehen. Und Google will das Breitbandinternet in Kuba einführen – ob das auf Gegenliebe in Kuba stößt, bleibt abzuwarten.