Streit um die Burka

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Vielleicht liegt es am Wetter, oder vielleicht auch nicht: Jedenfalls ist von sommerlicher Entspannung nichts zu merken. In einem relaxten Land würde jedenfalls niemand auf die Idee kommen, eine anderthalbtägige, hochempörte Diskussion über das Herumhampeln während einer Siegerehrung zu führen. Oder eine Bekleidungsdebatte in einem Ton zu führen, als ginge es um die deutschen Meisterschaften in miesem Benehmen. Die Diskussion übers Burkaverbot auf Twitter geht nämlich so: Während die Befürworter eines Verbots mehr oder weniger aggressiv vor sich hinargumentieren, erklärt spätestens nach zehn Minuten irgendwer von der gegnerischen Fraktion, dass es im Prinzip gar keine Burkaträgerinnen in Deutschland gebe, denn er oder sie habe jedenfalls noch nie eine gesehen. Antwortet man dann wahrheitsgemäß »Doch, ich schon, gerade erst letzte Woche in Neukölln«, wird das nun nicht einfach hingenommen, nein nein, wir sind hier bei Twitter und deswegen wird man umgehend angepampt, ob man sich denn da wirklich ganz sicher sei und das diskutierte Kleidungsstück nicht vielleicht mit einem Niqab oder Tschador verwechselt habe. Sicherheitshalber bekommt man dazu, versehen mit vorwurfsvollen Bemerkungen, ein Bildchen geschickt, auf dem vom Hijab bis hin zur Burka alles abgebildet und im Text darunter noch einmal genau erklärt ist. Warum man als jemand, der problemlos in der Lage ist, Cocktail- von Abendkleidern zu unterscheiden und auch sonst den Skill Sehen ganz gut beherrscht, nicht in der Lage sein soll, eine Burka von, sagen wir, einem Hijab zu unterscheiden, bleibt ebenso das ewige Geheimnis der Verbotsgegner wie ihr offenkundig dringender Wunsch, dass Deutschland praktisch frei von Burkaträgerinnen sein möge. Es ist ein großes Elend, das steht mal fest.