Was kümmert mich der Dax

Das Monster unter dem Bett

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Hillary Clinton hat es nicht leicht. ­Immer wieder werden ihr Opportunismus und Prinzipienlosigkeit vorgeworfen. Sagt sie dann aber ­etwas Unmissverständliches, ist es auch wieder nicht recht. Die Hälfte der Unterstützer ­Donald Trumps, die »Rassisten, Sexisten, Homophoben, Xenophoben, Islamophoben«, gehörte in den »Korb der Bedauernswerten«, befand sie. Um die andere Hälfte, jene, die sich von der Regierung vernachlässigt und öko­nomisch abgehängt fühlen, sollten sich die Demokraten bemühen. Die Reak­tion der Rechtspopulisten war vorhersehbar. Den lieben langen Tag und noch die halbe Nacht schimpfen sie über die »politische Korrektheit«, nennt aber jemand ihren Rassismus Rassismus, rasten sie aus. Kritik kam ­jedoch auch von den liberalen Medien. »Niemals eine gute Idee, die Wählerschaft zu verspotten«, twitterte etwa Michael Barbaro von der New York Times.
Aber ist es wirklich eine gute Idee, Rechtspopulisten und Rechtsextreme zu infantilisieren und ihnen mit der Behauptung, sie wollten in Wahrheit ­etwas ganz anderes, die Verantwortung für ihre Entscheidung abzusprechen? »Schau doch mal, unter deinem Bett versteckt sich gar kein Monster« – so kann man mit Vierjährigen reden, die unter irrationalen Ängsten leiden. Wenn ein Erwachsener darauf besteht, das Monster sei da, auch wenn man ihm das Gegenteil bereits bewiesen hat, hilft es nicht. Kein Dokument und kein Argument wird jene 59 Prozent der Anhänger Donald Trumps, die glauben, Barack Obama sei nicht in den USA geboren worden, überzeugen können, da sie so die Legitimität seiner Präsidentschaft und demokratischer Ent­scheidungen, die ihnen nicht passen, bestreiten können, ohne »Ein Schwarzer gehört nicht ins Weiße Haus« zu sagen. Etwa 50 Prozent der Anhänger Trumps bekunden bei Umfragen offenherzig, sie hielten Schwarze für gewalttätiger als Weiße. Geht man von Trumps der­zeitigen Sympathiewerten aus und be­­rücksichtigt den hohen Anteil der Nicht­wähler, so kommt man auf etwa 13 Prozent der US-Bevölkerung, die den harten Kern seiner Unterstützer bilden – was leider nicht bedeutet, dass es Ras­sismus nur in diesem Milieu gibt. Ungeachtet mancher Schwächen ihrer Aussage wie des Gebrauchs des irreführenden Begriffs Islamophobie ist ­Clinton die erste führende bürgerliche Politikerin, die offen gesagt hat, dass es eine bedeutende rechte Minderheit gibt, die für rationale Argumente vorläufig nicht erreichbar ist. Damit hat die Kandidatin des kapitalistischen Establishments auch jene Wagenknechtianer links überholt, die in das Aufbegehren des rechten Mobs einen fortschrittlichen Instinkt hineininterpretieren wollen. Clinton fordert nicht einen Zaun, weil Trump eine Mauer bauen will – im Gegenteil, »celebrate our diversity« ist ein wichtiger Teil ihres Wahlkampfs. Den »Bedauernswerten« steht der Weg zurück in die Zivilisation ja offen, und die historische Erfahrung etwa der Bürgerrechtsbewegung lehrt, dass sie ihn eher beschreiten werden, wenn sie mit klaren Ansagen und Machtverhältnissen konfrontiert sind, während sie durch Verständnis und Zugeständnisse zu weitergehenden Forderungen ermutigt werden.