»Das hält uns nicht auf«

Kommenden Montag steht am Berliner Arbeitsgericht der erste Termin in einem brisanten Fall an. Mehrere Doktorandinnen haben die Technische Universität Berlin (TU) auf Schmerzensgeld verklagt, weil sie sich in der Forschungsgruppe »Rural Futures« systematischem Mobbing ausgesetzt sehen. Maria Tobar, eine der betroffenen Biologinnen, schildert der Jungle World, wie es so weit kommen konnte.

Weshalb klagen Sie gegen die TU?
Wer einmal Mobbing am Arbeitsplatz erfahren hat, weiß, wie unerträglich diese Situation sein kann. Es begann damit, dass die Chefin uns isolierte, als wir uns wegen mangelndem Arbeitsschutz bei Feldmessungen in Uruguay beschwerten. Nach und nach wurden wir vom Rest des Teams abgesondert und uns wurden die wissenschaftlichen Aufgaben entzogen. Irgendwann begannen uns auch die Kollegen wie Luft zu behandeln, bis wir eigentlich komplett aus dem Forschungsprojekt ausgeschlossen waren. Solch eine alltägliche Arbeitssituation greift einen psychisch und körperlich an, so dass ich seit einigen Monaten krankgeschrieben bin. Unter diesen Umständen kann man weder arbeiten noch eine Promotion verfassen, weshalb wir uns zu dem recht drastischen Schritt einer Klage gezwungen sahen.
Doktoranden gelten als eher privilegiert in der Arbeitswelt. Stellt Ihre Situation eine Ausnahme dar?
Nein, die Unzufriedenheit unter Promovierenden ist hoch. Als wir mit unserem Fall an die Öffentlichkeit gingen, wurde uns von vielen ähnlich gelagerten Fällen berichtet, in denen die Betroffenen sich aber nur höchst selten zur Wehr setzen. Zu abhängig sind die meisten von der Meinung ihrer Promotionsbetreuer, die zugleich ihre Chefs sind. In Deutschland scheint ein regelrecht untertäniges Verhältnis zwischen Promovend und Doktorvater oder -mutter zu herrschen, weshalb sich kaum einer der jährlich fast 30 000 Doktoranden traut, für seine Rechte einzustehen.
Welche Rolle spielt dabei die steigende Relevanz von Drittmittelprojekten?
Keine gute. Zum einen sind, wie in unserem Fall, Drittmittel oft an bestimmte Professoren gebunden, was ihre Macht über die an dem Projekt Mitarbeitenden zusätzlich erhöht und zugleich Schutzmechanismen der Universitäten aushebelt. Zum anderen können im Wettbewerb Geldmittel oft nur durch Ausbeutung der Arbeitskraft von Promovierenden eingetrieben werden, auf deren Schultern dann gleichzeitig die Verantwortung für den erfolgreichen Abschluss liegt. Zudem wird ihre Arbeit aber oft nicht als solche anerkannt, sondern als Schritt abgetan, der nur der Selbstverwirklichung diene.
Wie geht es mit Ihrem Arbeitskampf weiter?
Wir fordern gemeinsam mit der Freien Arbeiterinnen- und Arbeiterunion Berlin, dass uns die TU andere Stellen anbietet, in denen wir unter regulären ­Bedingungen unsere Promotionen abschließen können. Selbst wenn der anstehende Gütetermin noch kein Ergebnis bringen sollte, bin ich sicher, dass wir zu unserem Recht kommen werden. Wir halten zusammen und das Mobbing durch unsere Chefin hält uns nicht auf. Außerdem wollen wir andere Promovierende dazu ermutigen, das, was sie tun, als Arbeit wahrzunehmen, sich für ihre Rechte einzusetzen und zusammenzuhalten. Dafür haben einige unserer Unterstützer letzte Woche eine Befragung unter Doktoranden begonnen, die sie aktivieren soll. Auch sollen an den Berliner Universitäten die Promovierenden, die oft wie wir nicht aus Deutschland kommen, in Veranstaltungen über ihre Rechte informiert und organisiert werden.