Die AStA-Koalition an der Univer­sität Duisburg-Essen ist wegen eines Streits über ­Antizionismus geplatzt

Zoff an der Uni

Die AStA-Koalition an der Universität Duisburg-Essen ist wegen einer antizionistischen Veranstaltung geplatzt.

»Veranstaltungen zum Nahost-Themenblock werden nicht einseitig gehalten«, heißt es im Koalitionsvertrag der politischen Listen, die im Januar an der Universität Duisburg-Essen den AStA bildeten. Eine skurrile Mischung aus Antiimperialisten der nordrhein-westfälischen Linksjugend um deren Vorsitzende Nadine Bendahou mit ihrer Internationalen Liste (IL) koalierte mit der Liberalen Hochschulgruppe (LHG), der CDU-Hochschulorganisation Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) und weiteren Listen . Ein halbes Jahr hielt die Koalition, veranstaltete ein Campusfest und regelte die Tagesgeschäfte für Studierende.

Nun planten aber die IL und ihre AStA-Vorsitzende Bendahou kürzlich eine Veranstaltung mit dem Soziologen Moshe Zuckermann von der Universität Tel Aviv, der von Israelhassern in Deutschland gerne als jüdischer Kronzeuge gegen Israel eingeladen wird, und Khaled Hamad, einem Vertreter der Demokratischen Front zur Befreiung Palästinas (DFLP). Da Hamad auch dem Vorstand der Deutsch-Paläs­tinensischen Medizinischen Gesellschaft angehört, wurde zunächst niemand im AStA stutzig – bis es aus der Opposition Hinweise auf Hamads Unterstützung der antisemitischen Israel-Boykottkampagne »Boycott, Divestment and Sanction« (BDS) gab. Hamad unterschrieb Briefe an die Linkspartei, die zur Unterstützung von BDS auf­geriefen, wurde, und koordiniert die »European Alliance in Defence of Palestinian Detainees«, eine europäische Organisation, die für die Befreiung von palästinensischen Inhaftierten in Israel eintritt. Sie setzt sich unter anderem für Marwan Barghouti ein, der wegen fünffachen Mordes und Terrorismus eine lebenslange Haftstrafe in Israel absitzt. Die DFLP ruft zur Intifada und zum »Märtyrertod« auf und glorifizierte im Januar das LKW-Attentat auf zwei israelische Soldaten in Jerusalem. Zuckermann und Hamad trafen sich zuletzt auf einer antiisraelischen Konferenz in Frankfurt: Zuckermann, der auch schon dem Verschwörungstheoretiker Ken Jebsen ein Interview gab, sprach dort über »50 Jahre Besatzung«.

Fünf Tage vor der Veranstaltung veröffentliche das »Junge Forum« der »Deutsch-Israelischen Gesellschaft Ruhr« einen offenen Briefen mit Recherchen: »Wir fordern die Leitung der Universität dazu auf, die Veranstaltung zu untersagen«, so der Appell der Organisation. Auch das Studierendenparlament und der AStA sollten entsprechende personelle Konsequenzen ziehen, hieß es weiter. Nach und nach ­distanzierten sich alle den AStA tragenden Listen von der Veranstaltung – bis auf die IL. Sie behauptete, ihre Referenten seien Opfer einer Diffamierungskampagne, und beklagte eine »ideologische Ausschlachtung der Shoah und Unterminierung der Antisemitismuskritik«.

Am Donnerstag vergangener Woche sagte das Studierendenparlament auf Antrag von linker und grüner Opposition sowie dem RCDS die Veranstaltung ab. Zuvor war bereits die LHG wegen gescheiterter Interventionsversuche aus der Koalition ausgetreten. Die AStA-Vorsitzende Nadine Bendahou beanstandete die Sitzung des Studierendenparlaments wegen angeblicher Formfehler, offenbar, um eine Absage der Veranstaltung zu verhindern. ­Daraufhin wählte das Parlament sie als Vorsitzende per konstruktivem Misstrauensvotum ab. Die Beschlüsse sind wegen der Beanstandung durch Bendahou jedoch, wie Juristen sagen, nur »schwebend wirksam«. Deshalb ist sie weiterhin Vorsitzende und die kritisierte Veranstaltung fand am Freitag statt.

Was die Recherchen des »Jungen Forums« bereits befürchten ließen, bewahrheitete sich dort. Hamad referierte erst gar nicht zum angekündigten Thema, der »sozialen und politischen Lage in Palästina und Israel«. Statt­dessen schob er Israel alle Schuld am Konflikt zu. Bereits die Gründung des jüdischen Staates sei eine »humanitäre Katastrophe« gewesen, »für die Israel nie die Verantwortung übernommen hat«. Es finde eine »systematische Enteignung der Palästinenser« statt, deren »Besitz für israelische Siedlungen benutzt« werde. Israel sei ein Apartheidstaat und stelle die Palästinenser unter »Kollektivbestrafung«.

Zuckermann zeigte sich zu Beginn wissenschaftlich, driftete aber schnell ab: »Niemand in Israel weiß, was es heißt, jüdisch und demokratisch zu sein.« Israel befinde sich »auf dem Weg in einen Apartheidstaat«. Auf die Frage, wie Terrorismus in den palästinen­sische Gebieten entstehe, antwortete er: »Terror entsteht überall dort, wo Menschen niedergeknechtet werden.« Das sei dasselbe wie das, was die jüdischen Partisanen in den von den Nazis eingerichteten Ghettos gemacht hätten. So setzte Zuckermann den Widerstand von Juden im Nationalsozialismus mit heutigem palästinensischem Terrorismus und damit indirekt den Staat Israel mit Nazi-Deutschland gleich.