Cocolumne: Wie viel Hirn braucht man für evolu­tionären Erfolg?

Zu wenig Hirn?

Von Ivo Bozic

<p>n den Achtzigern hatte ich einen Aufkleber auf meinem Gitarrenkoffer, auf dem ein Dinosaurier zu sehen war, daneben stand: »Ausgestorben. Zu viel Panzer, zu wenig Hirn.«</p>

n den Achtzigern hatte ich einen Aufkleber auf meinem Gitarrenkoffer, auf dem ein Dinosaurier zu sehen war, daneben stand: »Ausgestorben. Zu viel Panzer, zu wenig Hirn.«

Aber stimmt das auch? Eine der ältesten Tierarten auf der Welt ist der Quastenflosser, er lebte bereits vor 400 Millionen Jahren und es gibt ihn immer noch. Eines ist sicher: Sein Erfolgsgeheimnis ist nicht un­bedingt sein Grips. Das Gehirn dieses bis zu zwei Meter großen Fischs wiegt nur wenige Gramm, misst nicht einmal einen Zentimeter. Auch bei Sauriern ist die auf meinem alten Gitarrenkoffer behauptete Kausalität zweifelhaft. Einerseits stimmt es, dass zum Beispiel der Stegosaurus, womöglich der Saurier mit dem kleinsten Gehirn, schon lange ausgestorben ist, andererseits hat er rund zehn Millionen Jahre auf der Erde gelebt. Wollen wir erst mal sehen, ob das dieser ach so intelligente Mensch auch hinbekommt.

Nicht, dass man diese wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht auch schon in den Achtzigern gehabt hätte, es war uns nur herzlich egal. Doch es kann nicht schaden, ab und zu den großen Kasten da oben im Kopf mal anzuschalten und die eine oder andere Aussage zu überprüfen. Besorgte Christen etwa fragen in Internet-Foren, was sie ihren Kindern sagen sollen, wenn diese sie fragen, ob denn Saurier auf Noahs Arche waren und wie die bitteschön da draufgepasst haben sollen. »Gute Frage«, sagen Sie? Eine gute Antwort haben einige Kreationisten: Noah hat natürlich nur Babysaurier oder sogar Eier mitgenommen. Damit wäre das auch geklärt! Faktencheck abgehakt. Babys gehen immer, Tierbabys sowieso. Obwohl es bei den meisten Tierarten gar keine Babys gibt. Denn Insekten entwickeln sich bekanntlich durch Metamorphose aus ihrem Puppen­stadium zu fix und fer­tigen Erwachsenen.

Das war bei Coco definitiv anders. Süßes Baby, Trotzphase, Pubertät, Trotzphase, das ganze Programm. Coco ist jetzt schon drei Jahre alt und wird nun auch so langsam erwachsen. Ihr Spielzeug nutzt sie nur noch zur Interaktion mit Menschen, aber sie spielt nicht mehr alleine damit. Irgendwie auch schade. Eltern wissen, wovon ich spreche. Aber was soll’s. Dafür ist ein Jahr Leidensweg für Coco und ihre Menschen zu Ende gegangen: Beinbruch, Tumor, alles Vergangenheit, dank der modernen Medizin, sehr viel Tapferkeit und einem Quentchen Glück.

Weniger Glück hatte vorige Woche ein Mann in Spanien, der offenbar sein Handy aus einem riesigen, als Werbung vor einem Kino stehenden Pappmaché-Stegosaurus holen wollte. Unklar bleibt, wie das Handy in die Figur des Pflanzenfressers gelangt war; der Mann jedenfalls blieb kopfüber in der Saurier­figur stecken und starb. Drei Tage war er als vermisst gemeldet, bevor man ihn fand. Und ja, das hätte jedem von uns passieren können. Genau deshalb ist das mit den zehn Millionen Jahren Erdgeschichte bei uns ja auch recht fraglich.