Franziska Giffeys Wohnungsbündnis in Berlin wird Mieterinnen kaum helfen

Kein Teil der Lösung

Kommentar Von Philipp Möller

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey präsentierte ein »Wohnungsbündnis« als Alternative zur Enteignung großer Wohnungskonzerne. Nun liegt das Ergebnis vor: Giffeys Versuch kann als gescheitert gelten.

»Kooperation statt Konfrontation« – mit dieser Losung wollte Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) einen neuen Weg in der Berliner Wohnungspolitik beschreiten. Im sogenannten Wohnungsbündnis versammelte sie alle relevanten Kräfte, vom Mieterverein über Gewerkschaften bis zu Immobilienverbänden und dem Wohnungskonzern Vonovia. Die private Wohnungswirtschaft sollte nicht als Problem verstanden werden, sondern als Teil der Lösung, so Giffeys Ansicht.

Am Montag wurde die Vereinbarung des Wohnungsbündnisses vorgestellt und zeigt klar: Der Korporatismus Giffey’scher Prägung ist gescheitert. Im Bereich des Mieterschutzes sieht der Text kaum Verbesserungen vor. Gerade mal bis Ende 2023 wollen die großen Wohnungsunternehmen Erhöhungen der Nettokaltmiete für Haushalte mit Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein (WBS) auf zwei Prozent begrenzen. Bei Wiedervermietungen sollen zukünftig 30 Prozent der Wohnungen an Mieterinnen und Mieter mit WBS vergeben werden, jedoch ohne Vorgaben für die Einstiegsmieten.

In den nächsten drei Jahren soll die Grenze bei Mietsteigerungen von 15 Prozent auf elf Prozent (bezogen auf die Ursprungsmiete) sinken, doch damit nähme Berlin nur einen ohnehin für nächstes Jahr erwarteten Beschluss der Bundesregierung vorweg. Neue Regelungen, die Wiedervermietungsmieten oder steigende Heiz- und Betriebskosten begrenzen würden, fehlen gänzlich. SPD und Grüne haben Selbstverpflichtungen als Alternative zur Vergesellschaftung großer Immobilienkonzerne propagiert – doch sind sie dabei an die engen Grenzen gestoßen, die eine renditeorientierte Wohnungswirtschaft setzt.

Vom zunächst gewünschten ganz großen Bündnis ist nur wenig geblieben. Der Berliner Mieterverein will die Erklärung nicht mittragen. Die Gewerkschaften zögern noch, werden aber wahrscheinlich auch nicht unterzeichnen. Auch Teile der Immobilienwirtschaft verweigerten die Unterschrift. Die Vorgabe, bei größeren Neubauvorhaben 50 Prozent der Wohnungen als mietpreisgebunden für das untere und mittlere Segment vorzusehen, gingen dem ZIA und »Haus und Grund«, zwei Dachverbänden der Immobilienwirtschaft, wohl zu weit.

Giffey verkündete, die Selbstverpflichtungen sollten für 900 000 Wohnungen in Berlin gelten. Die meisten dieser Wohnungen gehören den landeseigenen Wohnungsunternehmen und Genossenschaften – und die sind durch politische Vorgaben oder Satzung ohnehin größtenteils zu einer sozialen Bewirtschaftung verpflichtet.

Vonovia hat die Bündnisvereinbarung unterschrieben. Der Konzern hatte sich für seine mehr als 130 000 Wohnungen jedoch schon im vergangenen Jahr im Rahmen des »Zukunfts- und Sozialpakts« zu ähnlichen Zusagen verpflichtet, wie sie jetzt im Bündnis vereinbart wurden. Außerdem hatte sich Vonovia damals zu einer Höchstgrenze für Mieterhöhungen verpflichtet – woran sich der Konzern aber offenbar einfach nicht gehalten hat, wie im Februar der Berliner Mieterverein berichtete.

Giffey gerät für ihren Kuschelkurs mit Vonovia und Co. auch innerparteilich unter Druck. Einen Tag vor der Unterzeichnung der Bündnisvereinbarung wurde sie auf dem SPD-Landesparteitag als Parteivorsitzende mit nur 58,9 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Und in einem Punkt stellte sich ihre Partei sogar gegen sie. Giffey war immer gegen den Volksentscheid zur Vergesellschaftung großer Immobilienunternehmen gewesen. Nachdem der Volksentscheid erfolgreich war, wurde die Angelegenheit einer Expertenkommission übergeben, wohl in der Hoffnung, dass sie dort versande. Nun haben die SPD-Delegierten mit großer Mehrheit für einen Antrag gestimmt, der die Erarbeitung eines Vergesellschaftungsgesetzes vorsieht, sollte die eingesetzte Expertenkommission einen verfassungskonformen Weg dahin aufzeigen. Giffeys Versuch, die Wohnungsfrage durch die Bündnisvereinbarung zu entpolitisieren, dürfte vorerst gescheitert sein.