Small Talk mit Mimi von Sisters Berlin über die Kampagne gegen eine prostitutionskritische Veranstaltung

»Nicht die erste Kampagne«

Small Talk Von Janina Mainzer

Der Verein Sisters e.V. engagiert sich für die soziale und finanzielle Begleitung von Prostituierten, die aussteigen. Gegen eine Veranstaltungsreihe der Berliner Ortsgruppe lief kürzlich eine Kampagne. In einem offenen Brief forderte eine Gruppe namens Sex Worker Action Group den Veranstaltungsort Nachbarschaftshaus Urbanstraße e.V. dazu auf, die Veranstaltungen nicht zuzulassen, weil dabei »selbsterklärte ›Prostitutionsgegner_innen‹, einschließlich christlicher Fundamentalist_innen, Rassist_innen und Transfeinde über Sex­arbeitende hinweg sprechen und für weitere Kriminalisierungen von Sexarbeit werben« würden. Die »Jungle World« sprach mit Mimi. Sie engagiert sich bei den Sisters Berlin seit 2018, war ehemals Prostituierte und begleitet Frauen beim Ausstieg aus der Branche.

Wie sollte die Veranstaltung ablaufen?

Die Veranstaltung, die dann doch noch stattfand, aber an einem anderen Ort, war Teil einer Reihe, auf der wir Filme zeigen. Bei der ersten Veranstaltung sollte ein Film gezeigt werden, bei dem Aussteigerinnen mitgewirkt haben. Diese waren ebenfalls eingeladen. Nach dem Film sollte eine gemeinsame Diskussionsrunde stattfinden. Die Veranstaltung war für ein breites Publikum gedacht und sollte offen für alle sein. Einen Tag vor Beginn der Veranstaltung bekamen wir die Information vom Nachbarschaftshaus, das man uns die Räumlichkeiten nicht mehr zur Verfügung stellt. Uns ist zur gleichen Zeit ein Rundbrief zugeschickt worden, in dem Verleumdungen standen, wie zum Beispiel, dass wir Evangelikale seien.

Die Sex Worker Action Group hat Ihnen vorgeworfen »christliche Fundamentalisten«, unter anderem namentlich Frank Heinrich (CDU) eingeladen zu haben. Stimmt das?

Frank Heinrich arbeitet bei der Gruppe Gemeinsam gegen Menschenhandel mit und war nicht eingeladen. Allerdings war ein anderer Vertreter der Gruppe bei späteren Veranstaltungen eingeladen. Gemeinsam gegen Menschenhandel hat einen religiösen Hintergrund, was bei karitativen Organisationen oft so ist. Darüber kann man auch diskutieren, aber in der Veranstaltung ging es um etwas anderes. Da wir ein ähnliches Ziel verfolgen, aber einen ganz anderen Hintergrund besitzen – Sisters e. V. ist keine religiöse Gruppe –, kann es natürlich sein, dass auch Mitglieder dieser Gruppe kommen oder eingeladen werden, wenn sie eine themenspezifische Expertise haben. Eigentlich ist das aber irrelevant, weil es eine öffentliche Veranstaltung war, wo jeder kommen durfte – auch Kritiker.

Ihnen wurde vorgeworfen, »Feinde« von Trans-Personen und Prostituierten zu sein. Was haben Sie diesem Vorwurf zu entgegnen?

Das sind wir definitiv nicht. Ich bin solidarisch mit allen Prostituierten, ob sie es gerne machen oder ihren Job hassen. Aber Letzteren möchte ich eine Hilfe bieten, wenn sie aussteigen wollen. Ich arbeite auch nicht nur mit weiblichen Prostituierten, sondern auch Männern und Trans-Personen. Insbesondere Trans-Personen sind in der Prostitution eine besonders vulnerable Gruppe und ich finde es im höchsten Maße transphob, wie diese Personen von Bordellen beworben und fetischisiert werden. Die Mitfrauen bei Sisters e. V. bilden den Querschnitt der Gesellschaft ab und daher sind viele verschiedene Meinungen vertreten. Wir haben aber eines gemeinsam: Uns eint der Wunsch, dass sich an den jetzigen Prostitutionsverhältnissen etwas ändern soll, und zwar zugunsten der ausgebeuteten Frauen, Männer und Trans-Personen.

Welche Auswirkungen hatte die Kampagne für eure Arbeit in dem Verein?

Viele Leute glauben jetzt, wir wären tatsächlich so. Das ist schlimm, weil das bis zu Prostituierten durchsickert. Einige denken jetzt: »Da sollte ich nicht hin.« Wir hatten schon öfter mit Frauen zu tun, die Vorbehalte hatten, weil sie so viel Schlechtes über uns gehört haben – das war ja nicht die erste Kampagne gegen uns – und später waren sie überrascht, dass die negativen Dinge nicht zutrafen. So was betrifft vor allem Frauen, die in den großen Bordellen und Laufhäusern arbeiten und sowieso schon wenig Kontakt nach außen haben. Deshalb ist für sie sowieso schon eine Hemmschwelle zu überwinden, um sich bei uns zu melden. Die wird durch solche Aktionen gegen uns noch größer. Das geht am Ende auf Kosten der Frauen.