Die Sportredakteurin macht ihren Job und wird angepöbelt

Gekränkte Männer

Das Medium Von Elke Wittich

<p>Unbändiges Verlangen danach, sich von Männern vorschreiben zu lassen, was erlaubt ist und was nicht? Und auch noch ganz allgemein danach, die Welt erklärt zu bekommen?</p>

Unbändiges Verlangen danach, sich von Männern vorschreiben zu lassen, was erlaubt ist und was nicht? Und auch noch ganz allgemein danach, die Welt erklärt zu bekommen? Und zwar so richtig herablassend und unverschämt? Dann auf Twitter oder Mastodon und dort ein paar Bemerkungen über die Fußball-WM machen. Ausführliche Spielanalysen sind nicht notwendig, es reichen kurze Kommentare über den Verlauf eines Matches, und schon kann es losgehen. Ist nämlich ein großer Skandal, wenn eine Frau offenkundig Spanien versus Deutschland verfolgt, wo wir uns doch darauf geeinigt hatten, dass die Fußballweltmeisterschaft in Katar boykottiert wird. Wir im Sinne von: der Verfasser des Tweets oder Tuts und seine Kumpels. Die sich alle einig waren, dass die WM nicht nur nicht geguckt, sondern auch totgeschwiegen wird, weil Solidarität. Praktischerweise finden diese Leute Fußball sowieso blöd und haben, wie Stichproben ergeben, schon während der vergangenen WM nicht zugesehen, aber das ist nun egal, nun wird boykottiert. Und der Frau auf die Nerven gegangen, interessanterweise aber nur ihr, während sich ihre männlichen Sportjournalistenkollegen auf Twitter und Mastodon nach Herzenslust über die Spiele verbreiten können, ist ja schließlich deren Job.

Das allein wäre schon unschön genug, wenn da nicht auch noch die Deutschland-Fans wären, deren Nerven nach der völlig überraschenden und sie tief kränkenden Auftaktniederlage blankliegen. Und die es nun gar nicht ertragen können, dass sich eine Frau, eine Frau! über ihr Herzensteam lustig macht. Und über die Nationalhymne. So was geht natürlich gar nicht, denn jetzt ist Nationalstolz gefordert, und den zeigt man bekanntlich am besten, indem man Frauen erklärt, was sie dürfen und was nicht.

Das führt zu der unerfreulichen Situation, dass frau nunmehr aus erzieherischen Gründen praktisch dazu gezwungen ist, hin und wieder Bemerkungen über die WM zu twittern und zu mastodonen. Und damit so lange auf zarten Männerseelen herumzutrampeln, bis ihre Inhaber ein paar grundlegende Dinge gelernt haben. Ha!