Erinnerung an Karl Pfeifer

Homestory #02/23

Homestory Von Jungle World

Zum Tod unseres Autors Karl Pfeifer. Von der Redaktion.

Er war der gestandene Antifaschist, wir waren ein Haufen Antifas: Seit den frühen Tagen der Jungle World gehörte Karl Pfeifer als Autor, Korrespondent und Freund zu unserer Zeitung, schrieb für uns mit nie erlahmender Energie über Antisemitismus und Rechtsex­tremismus vor allem in Ungarn und Österreich, berichtete aus und über Israel, führte Interviews mit kritischen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen und rezensierte Bücher für das Feuilleton. Karl, der unter anderem für Radio »Kol Israel« und das antifaschistische Londoner Magazins Searchlight gearbeitet hatte, war ein glänzender Journalist, dazu schnell und pointiert. Absprachen mit ihm waren unkompliziert und glasklar. »Bis Wochenanfang hast du den Text«, »wird gemacht« und immer »liebe Grüße«, »bleib gesund« und »grüß die anderen«. Wenn man mal nicht prompt antwortete, setzte es feinen Spott: »Ich war schon erschrocken und wollte meinen Nekrolog schreiben.« Karl begeisterte sich für die Texte von Caroline Fourest, die sich, wie er selbst, dem Kampf gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus, Rassismus und Islamismus verschrieben hat. Dass ihr Buch »Génération offensée« in deutscher Übersetzung erschienen ist, geht auf ihn zurück. Karl Pfeifer las es auf Französisch, stellte es im »Dschungel« vor; der Verleger Klaus Bittermann wurde daraufhin auf das Buch aufmerksam und ­sicherte sich die deutschen Übersetzungsrechte. »Das freut mich«, mailte Karl, der als Journalist und Antifaschist in seinem Leben schon so einiges bewegt hatte.

Seine Biographie war mehr als beeindruckend. 1928 nahe Wien geboren, musste er mit seinen jüdischen Eltern 1938 vor den Nazis nach Ungarn fliehen. Mit dem Kindertransport rettete er sich nach Palästina. Seine Erlebnisse als Kämpfer im israelischen Unabhängigkeitskrieg hat er uns in seinem biographischen Text »Im Palmach« erzählt. »Es sind leider nur noch wenige, die, wie ich, als Soldat von Anfang bis zum Ende dabei gewesen sind und noch heute Zeugnis davon ablegen können.« (Siehe Seite 16.) Sein Wissen über die Geschichte an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben, war ihm immer wichtig. Deshalb pflegte er stets den Kontakt zu den Jüngeren, reiste zu Vorträgen und Veranstaltungen und schrieb für die Jungle World. Eigentlich sollte das so weitergehen und der nächste Artikel (über das Recht auf Informationsfreiheit in Ungarn) war auch schon fest für diese Ausgabe verabredet. Umso trauriger haben wir am Wochenende die Nachricht vom plötzlichen Tod unseres Autors Karl Pfeifer aufgenommen. Mit ihm zu arbeiten, war eine Ehre.