In Wuppertal soll eine Moschee das Autonome Zentrum verdrängen

Ditib statt AZ

Am Montag hat der Rat der Stadt Wuppertal den Beschluss gefasst, den Bau einer Ditib-Moschee im Stadtteil Elberfeld voranzutreiben. Das könnte das Ende für eines der ältesten Autonomen Zentren der Bundesrepublik bedeuten.

Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) wird direkt vom Präsidium für religiöse Angelegenheiten der türkischen Regierung in Ankara gelenkt. Immer wieder fallen Funktionäre durch antisemitische, islamistische und türkisch-nationalistische Äußerungen auf.

In Wuppertal scheint man sich deswegen keine Sorgen zu machen. Dort will die örtliche Ditib-Gemeinde eine neue repräsentativen Moschee errichten. Träger der Gemeinde ist der Türkisch-Islamische Kulturverein zu Wuppertal-Elberfeld, der bei Ditib Mitglied ist. »Aus den bisherigen jahrelangen Erfahrungen mit der Wuppertaler Gemeinde« sei der Rat der Stadt Wuppertal jedoch zur Überzeugung gekommen, dass »die theoretisch mögliche Einflussnahme« des Ditib-Landesverbands auf die Wuppertaler Gemeinde »keine große, sondern abnehmende Bedeutung hat«, schrei­ben SPD, CDU und FDP in einem gemeinsamen Antrag, in dem sie sich für den Bau eines »Kultur- und Sozial­zen­trums mit einer Moschee« an der Gathe aussprechen.

Das Quartier in Wuppertal hat einen hohen Migrantenanteil, wirtschaftliche Probleme – und eines der wenigen Autonomen Zentren (AZ) in Nordrhein-Westfalen, das durch den geplanten Moscheebau verdrängt werden würde.

Was das Verhältnis zur Ditib angeht, werden keine konkreten Verpflichtungen genannt.

Am Montag hatte eine Mehrheit des Wuppertaler Stadtrats dem Bauvorhaben zugestimmt. Vertreter von SPD, CDU und FDP, die im Rat mehr oder weniger regelmäßig zusammenarbeiten, betonten in der Sitzung, dass der lokale Kulturverein immer weniger von der Ditib beeinflusst werde und was für ein wichtiges Element Wuppertals er in den vielen Jahrzehnten seines Bestehens geworden sei. Ein Symbol der Hinwendung zur Stadtgesellschaft und nicht der Abschottung sei der Bau, sagte Rolf Köster von der CDU. Die Architektur künde von Toleranz und Dialogbereitschaft.

Was der Türkisch-Islamische Kulturverein zu Wuppertal-Elberfeld plant, soll vor allem Aufwertungsträume von Stadtplanern wahr werden lassen. Neben der Moschee sollen Cafés, Studentenwohnungen und Büroräume entstehen. Wo heute noch eine Autowerkstatt und das Autonome Zentrum stehen, sollen bald, so die Abbildungen in einer Machbarkeitsstudie des zur Ditib gehörenden Kulturvereins, Kinder fröhlich in der Sonne Ringelreihen tanzen.

Das SPD-Ratsmitglied Servet Köksal betonte, dass in der Moschee auch Kritiker des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan willkommen seien. So ganz scheinen SPD, CDU und FDP dem Trägerverein allerdings nicht über den Weg zu trauen. Ein Ergänzungsantrag soll die Moscheebauer dazu verpflichten, sich an ihre Versprechen auch zu halten. So solle zum Beispiel die »Öffnung der sozialen und gewerblichen Baukörper für alle Bevölkerungsgruppen« sichergestellt werden. Was das Verhältnis zur Ditib angeht, werden allerdings keine konkreten Verpflichtungen genannt.

Doch gibt es Gründe, mit dem Vertrauen etwas sparsam zu sein. Zu Beginn des Jahres hatte der Türkisch-Islamische Kulturverein zu Wuppertal-Elberfeld zu einer Veranstaltung mit dem nationalistischen Historiker Mehmet Işık geladen, der in seinen Arbeiten den Völkermord an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs relativiert. Und die Mitgliedschaft in der Ditib scheint für den Verein auch keine Nebensache zu sein. In einer Machbarkeitsstudie prangt in einer Darstellung des geplanten Moscheebaus das Ditib-Logo auf jeder Seite und ist besser sichtbar als der Name des Kulturvereins.

Die Autonomen kündigen Widerstand an. Kampflos will man das Zentrum an der Gathe nicht räumen.

Die Vertreter von SPD, CDU und FDP betonen, das AZ könne an anderer Stelle weiter bestehen, aber eben nicht an der Einfallstraße Gathe. Die Aussicht, diese mit religiösem Schick aufhübschen zu können, scheint zu verlockend zu sein. Einen neuen Standort für das AZ gibt es aber bislang nicht und der Bau der Moschee wird auch nicht davon abhängig gemacht, dass sich ein solcher findet.

Die Autonomen, die seit Jahrzehnten in Wuppertal, wenn auch an verschiedenen Standorten, präsent sind, kündigen Widerstand an. Kampflos will man das Zentrum an der Gathe nicht räumen. Sollten der Rat tatsächlich in wenigen Monaten die baurechtlichen Voraussetzungen schaffen und die Bagger losrollen, könnte es Ärger in der Stadt geben, die von der Zeit kürzlich als das »neue Berlin« und »Kräftezentrum der Künste« bezeichnet wurde.

Die Autonomen betrachten die Ditib als einen antisemitischen, autoritären Islamistenverein und sie haben nicht vor zu weichen. In einer Presseerklärung kündigte das AZ am Dienstag an: »Wir werden ab jetzt einen Kampf wieder aufnehmen der lange befriedet schien. Den Kampf um ein Autonomes Zentrum in Wuppertal.«