Proteste vor einer Frankfurter Moschee wegen ihrer Nähe zum iranischen Regime

Die Mullahs in Rödelheim

Eine Gruppe Exil-Iraner demonstriert jede Woche vor einer Moschee in der Mainmetropole. Die Gruppe vereint Mitglieder aus verschiedenen politischen Lagern.

Jede Woche zum Freitagsgebet steht eine kleine Gruppe vor der Imam-Ali-Zentralmoschee in Frankfurt-Rödelheim und protestiert. Es handelt sich um die iranische Oppositionsgruppe Javanane. Sie hat Veranstaltungen und Mitteilungen der Moschee dokumentiert, die eine ideologische Nähe zur Islamischen Republik Iran belegen. Mit ihrem Protest wollen sie die Besucher des Zentrums der islamischen Kultur e. V. (ZIK) – so heißt der Trägerverein der Moschee – auf diese Verbindungen aufmerksam machen. Seit einiger Zeit sind vor der Moschee Texte und Bilder angebracht, die über die Proteste im Iran und die Aktivitäten der Moschee informieren. In der Nachbarschaft werden außerdem Informationsflyer ­verteilt.

Man erhalte dabei »sehr gutes Feedback«, sagte die Aktivistin Tannaz Vartanian der Jungle World. Seit seiner Entstehung sei das ZIK ein »verlängerter Arm des Mullah-Regimes«. Während Menschen im Iran seit Monaten nach Freiheit, Menschen- und Frauenrechten rufen, stehe, so Vartanian, »vor unserer eigenen Haustür in Frankfurt ein Zentrum, das die menschenverachtenden Werte der Islamischen Repu­blik Iran hierzulande vertritt und gleichzeitig in Deutschland in einer Demokratie lebt«. Javanane Frankfurt fordert daher »die Schließung des Zentrums der islamischen Kultur«.

Zum Organisationskreis der Demonstrationen gehören ungefähr ein halbes Dutzend Personen im Alter von Mitte zwanzig bis Mitte dreißig Jahren. Die meisten von ihnen sind im Iran geboren und haben ihren Lebensmittelpunkt mittlerweile im Rhein-Main-Gebiet. Einige sind erst seit wenigen Jahren in Deutschland, manche waren bereits vorher im Iran politisch aktiv – beispielsweise in der Grünen Bewegung von 2009. Nach den iranischen Präsidentschaftswahlen 2009 kam es zu Massendemonstrationen. Dem damaligen Präsidenten Mahmud Ahmadinejad wurde Wahlbetrug vorgeworfen. Landesweit wurde gegen die Wahlfarce demonstriert. Andere sind erst durch die »Frau – Leben – Freiheit«-Bewegung seit vergangenem Jahr politisch aktiv geworden.

Javanane Frankfurt fordert die Schließung des »Zentrums der islamischen Kultur«.

Die politischen Vorstellungen der einzelnen Mitglieder der Gruppe sind unterschiedlich, ebenso die für einen Iran nach dem Sturz des Mullah-Regimes. In der Gruppe organisieren sich sowohl Anhänger einer konstitutionellen Monarchie wie auch Vertreter einer liberalen, sozialen und säkularen Form der Demokratie. Auf eines kann sich die Gruppe jedoch einigen. »Im Fokus unserer Arbeit steht die Freiheit des Iran und dies bedeutet im ersten Schritt den Sturz des Regimes«, teilte die Gruppe auf Anfrage der Jungle World mit. Ihre »persönliche politische Meinung« würden die Mitglieder deshalb in den Hintergrund stellen. Diese Form der Zusammenarbeit über politische Grenzen hinweg ist derzeit bei Exil-Iranern vermehrt zu beobachten. Ende Februar trafen sich Unterstützer der iranischen Opposition bei der Konferenz »Frauen, Leben, Freiheit« in Berlin. Ziel der Konferenz war es, verschiedene politische Strömungen aus der iranischen Diaspora zusammenzubringen.

Das Grundstück, auf dem das ZIK steht, wurde 2012 vom Islamischen Zentrum Hamburg (IZH) erworben. Dem hessischen Verfassungsschutz zufolge hat es sich dabei um eine »gezielte Investition des iranischen Regimes« gehandelt. Das Hamburger IZH gilt den Ordnungsbehörden als einer der wichtigsten Außenposten des iranischen Regimes in Europa und steht seit Jahren unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Das ZIK ist wie das IZH in der Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands (IGS) organisiert. Diese wurde 2009 auf Initiative des IZH gegründet, das bis heute eine bestimmende Rolle inne hat. Bis 2020 war der Vorsitzende und leitende Imam der Frankfurter Moschee, Mahmoud Khalilzadeh, Bundesvorsitzender der IGS. Die Bundesregierung hat ihn in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Grünen »dem politisch-religiösen Establishment der Islamischen Republik Iran zugerechnet«.

Die ideologische Ausrichtung des ZIK zeigt sich zudem an seinen Veranstaltungen. Immer wieder finden dort regimekonforme Propagandaveranstaltungen statt. So wurde 2020 nach der Tötung von Qasem Soleimani, einem hochrangigen Kommandeur der iranischen Revolutionsgarden, eine Trauerfeier für diesen organisiert, und regelmäßig finden Gedenkveranstaltungen zum Todestag von Ayatollah Ruhollah Khomeini statt. Soleimani war der Architekt der regionalen Militärstrategie des Irans, dem es gelungen war, ein iranisches Einfluss- und Herrschaftsgebiet im Nahen Osten zu errichten. Im Irak, Libanon, Syrien und Jemen baute er nach dem Vorbild der libanesischen Hizbollah ein Netzwerk von Stellvertreterarmeen auf.

Kurz nachdem Javanane ihren Protest vor der Moschee begonnen hatte, befestigte die Moschee ein Banner in Blickrichtung der Mahnwache mit der Aufschrift »Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit und Respekt für alle Menschen«. Was das ZIK unter »Respekt für alle Menschen« versteht, zeigt ein Beitrag auf ihrer Internetseite vom 11. November 2020, der mittlerweile gelöscht wurde. Der Jungle World liegt ein Screenshot vor. In dem Beitrag gratulierte das ZIK der Islamischen Republik: »Der Mythos der Feindseligkeit zwischen Demokratie und dem religiösen Leben wurde mit der Entstehung der Islamischen Republik Iran beendet.«