Die Kampagne »Go film the police«

Wrangelkiez United: Polizist:innen handeln immer öffentlich

Small Talk Von Fabian Kunow

Wer Zeuge von Polizeigewalt oder diskriminierendem Verhalten von Ordnungshüter:innen wird, kann dieses leicht mit dem Smartphone dokumentieren. Videos sind bei Fehlverhalten der Polizei beweiskräftiger als mündliche Aussagen. Welche Bedeutung Bilder und Videos von Polizeigewalt gewinnen können, zeigten nicht zuletzt die Black-Lives-Matter-Proteste nach der Tötung von George Floyd im Mai 2020 in Minneapolis. Nun ruft die Kampagne »Go film the police« in mehreren Sprachen dazu auf, auch in Berlin unangemessenes Polizei­verhalten aufzuzeichnen. Hierzu wurde nun ein Leitfaden veröffentlicht. Die »Jungle World« sprach mit David Kiefer von der Gruppe Wrangelkiez United. Die Gruppe ist Teil der Kampagne.

Warum geht ihr gerade jetzt mit eurem Aufruf »Go film the police« an die Öffentlichkeit?
Seit einigen Jahren gibt es mehr öffentliche Aufmerksamkeit für rassistischer Polizeigewalt. Das liegt vor allem daran, dass diese in vielen Fällen mit Handykameras gefilmt wurde. Gleichzeitig geht die Polizei immer wieder gegen Menschen vor, die Polizeigewalt dokumentieren. Dabei beruft sie sich auf den sogenannten »Abhörparagraphen«, den Paragraphen 201 des Strafgesetzbuchs.

Was besagt dieser Paragraph?
Er besagt, dass, wer unbefugt »das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger aufnimmt«, eine Straftat begeht – die »Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes«. Es gibt aber bereits zahlreiche Urteile, die eine andere Rechtsauffassung vertreten als die Polizei, aber noch nicht letztinstanzlich. Des­wegen fordern wir mit der Kampagne »Go film the police«, dass endlich klargestellt wird, dass das Filmen von Polizeieinsätzen legal ist.

Ihr fordert also die Entkriminalisierung des Filmens von Polizei­einsätzen?
Genau. Es gibt noch keine klare Rechtsprechung und deswegen viel Unsicherheit. Das nutzt die Polizei immer wieder aus und Zeug:in­nen, die filmen, werden aufgefordert, Filmaufnahmen zu löschen – zum Teil auch unter Anwendung von Gewalt.
Wir denken, dass Polizist:innen als Vertreter:innen des Staats, die dessen Gewaltmonopol ausüben, immer öffentlich handeln. ­Deswegen sollte es möglich sein, ihr Handeln zu dokumentieren. Bodycams, die die Polizei bei sich führt, sind ja oft defekt oder ­werden nicht eingeschaltet. Filmaufnahmen von Passant:innen sind häufig die einzigen nichtpolizeilichen Beweismittel.

Was ratet ihr also Menschen, die Zeug:innen von Polizeigewalt werden?
Wer Polizeigewalt beobachtet, sollte sie mit seinem Smartphone filmen. Wenn man dabei einen gewissen Abstand hält, ist man etwas sicherer, weil die Polizei einem nicht mit der Pseudoanschuldigung der »Verletzung der Vertraulichkeit« kommen kann. Das ist aber nie eine Garantie. Manche Beamt:innen lassen das Filmen zu, weisen aber darauf hin, dass das Veröffentlichen mit Tonspur nicht zulässig sei.
Wir empfehlen, Videos nicht einfach zu veröffentlichen, sondern zunächst Anwält:innen, Rechtshilfegruppen oder hier in Berlin die Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP) zu kontaktieren. Im besten Fall gibt es einen Austausch mit der oder den Betroffenen vor Ort, um sich über das weitere Vorgehen abzustimmen.