Der bayerische Ministerpräsident wirbt mit seinen Lieblingsspeisen für sich

Markus Söders Appetit auf die Macht

Was kümmert mich der Dax Von Jörn Schulz

Während Markus Söder sich futternd volksnah gibt, zeigt sich das offenkundige Manko seines unionsinternes Rivalen Friedrich Merz besonders deutlich: Der Mangel an Charisma - der dürre Sauerländer wirkt allzu sauertöpfisch.

Söder isst. Söder verdaut. Söder … Will man das wirklich so genau wissen? Man muss dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder zugute halten, dass er seine Mitmenschen immerhin nicht mit dem ­behelligt, was geschieht, wenn ein Würstchen seinen Schlund passiert hat.

Dass er isst und was er isst, hält er aber für mitteilenswert. Und die Kampagne »Söder isst« auf Instagram, wo er fast 600.000 Follower hat, scheint erfolgreich zu sein.

Eigentlich müsste sie »Söder will um jeden Preis Kanzler werden und tut, was er kann, um dem dürren Merz das Wasser abzugraben« heißen, aber das ist als Hashtag zu lang.

Söders kulinarischer Kulturkampf wäre leichter zu verdauen, wenn er nicht mit einer erneuten Hinwendung zum Rechtspopulismus einherginge. 

Merz isst? Man darf annehmen, dass Friedrich Merz es tut, kann es aber trotzdem kaum glauben. Der Kampf soll sogar persönlich ausgetragen werden, wenn Söder bei Videokonferenzen des Spitzen­personals der Union »Merz und den anderen seinen mächtigen Rumpf entgegenstreckt und sich Essen in den Mund stopft«, wie der Spiegel berichtete.

Natürlich stopft sich Söder öffentlich nicht irgendetwas in den Mund. Es geht darum, die besondere Verbundenheit mit seiner Geburtsstadt (Nürnberger Würstchen) und bayerische Heimatliebe (Lüngerl mit Kloß), aber auch allgemeine Volksnähe (Schwimmbad-Pommes mit Ketchup) und Weltoffenheit (Döner) zu demonstrieren.

Multikulti muss allerdings Grenzen haben, so teilte er im März auf Instagram mit: »Söder isst das nicht«, nämlich Hühnerfüße, Entenzungen und Hasenköpfe, die man ihm in China serviert habe. Der kulinarische Kulturkampf wäre leichter zu verdauen, wenn er nicht mit einer erneuten Hinwendung zum Rechtspopulismus einherginge. Als Söder 2018 Ministerpräsident wurde, gab er sich zunächst gemäßigter als sein Vorgänger Horst Seehofer und umarmte auch mal einen Baum.

Überbietungswettbewerb mit rechtspopulistischen Forderungen

Nun aber fordert er unter anderem Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan, »Sofort-Arrest« für ausreisepflichtige Straftäter und »Gefährder«, die nicht abgeschoben werden können, will »weg vom individuellen Recht auf Asyl« und kri­tisiert das Bürgergeld. Und er versucht sich wie einst Franz Josef Strauß in der Außenpolitik, fordert »Dialog statt Abgrenzung« in der China-Politik und glaubt gar, er sei mit Ministerpräsident Li Qiang »auf Augenhöhe im Gespräch« gewesen.

Da überschätzt er sich ein wenig, wie möglicherweise auch im Kampf um die Kanzlerkandidatur. Merz’ offenkundiges Manko ist der Mangel an Charisma, der Sauerländer wirkt allzu sauertöpfisch. Aber es geht vor allem um Machtpolitik, Merz kann bislang auf die Unterstützung der wichtigsten Landesverbände der CDU zählen.

Mit großer Wahrscheinlichkeit wird die Union den nächsten Kanzler stellen. Ein »Merkelianer« wie Daniel Günther, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, kommt als Kanzlerkandidat nicht mehr in Frage.

Merz wird sich mit Söder wohl einen Überbietungswettbewerb mit rechtspopulistischen Forderungen liefern. Wer auch immer gewinnt, dürfte den bereits minoritären Liberalkonservatismus in der Union weiter marginalisieren.