In Hamburg sagte ein linkes Zen­trum eine Party ab, deren Veranstalter sich nicht von der Hamas distanzierten

Überall nur Repression

Die Hamas verherrlichende Gruppen klagen über Repression, weil sie keine Party im Hamburger Centro Sociale veranstalten dürfen.

»Wir müssen euch leider verkünden, dass die Soliparty mit Antirepressionszweck am 27.10.23 einseitig vom Centro Sociale abgesagt wurde«,schrieb
am 24. Oktober das Offene Antifaschistische Treffen Hamburg (OAT) auf In­stagram: »Als Grund dafür führt das Centro Sociale palästinasolidarische Positionen innerhalb des Veranstaltungsbündnisses an.«

Das Centro Sociale ist ein linkes Zentrum im Karolinenviertel des Hamburger Stadtteils St. Pauli, es erhält keine staatliche Förderung, Entscheidungen werden kollektiv getroffen. »Die Entscheidung der Absage der Party wurde bei einem Plenum der Nutzer:innen des Centro getroffen«, so Christian von der Internationalen Sozialistischen Organisation Hamburg (ISO) im Gespräch mit der Jungle World. »Das Centro versteht sich als Raum mehrerer Gruppen, Vorstand und Aufsichtsrat treffen keine solchen politischen Entscheidungen – in der Regel entscheidet die Raumgruppe, in besonderen Fällen dann mit Hilfe des Nutzer:in­nen­plenums, wie in diesem Fall.« Die unterschiedlichsten Veranstaltungen fänden dort statt, Ströme von Mate-Brause flössen bei Soli-Partys.

Das OAT aber setzte in seiner Erklärung die Raumabsage für die »Anti­repres­sionsparty« aufgeregt mit Repression durch den Staat in eins: »Diese Art und Weise, palästinasolidarischen Positionen die Plattform zu entziehen, reiht sich ein in die aktuell große Welle an staatlicher Repression gegen Palästinenser:innen, Araber:innen und Proteste in Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung, welche wir zu tiefst verurteilen.«

Eine der Veranstaltergruppen – Young Struggle (YS) – hatte am 10. Oktober eine positive Bezugnahme auf das Oktoberpogrom der Hamas unter dem Titel »Die Al-Aqsa Flut – Der Gefängnisausbruch des palästinensischen Volkes« veröffentlicht.

Anfang Oktober wurde noch fleißig mobilisiert: »Wir – das Offene Antifa Treffen Hamburg, Young Struggle Hamburg und das Sanitätsnetzwerk – organisieren zusammen eine Anti-Repressions-Party.« Sie sollte eine Woche vor einer Demonstration am 4. November gegen staatliche Repression stattfinden. Eine der Veranstaltergruppen – Young Struggle (YS) – hatte am 10. Oktober eine positive Bezugnahme auf das Oktoberpogrom der Hamas unter dem Titel »Die Al-Aqsa Flut – Der Gefängnisausbruch des palästinensischen Volkes« veröffentlicht. Derlei zu wiederholen, hatte man sich bei der Werbung für die nun abgesagte Party allerdings verkniffen.

Einige der im Centro aktiven Gruppen gehören zum »Hamburger Bündnis gegen rechts«, einem traditionsreichen Netzwerk, in dem Sozialdemokrat:in­nen ebenso wie radikale Linke aktiv sind und über dessen Mailingliste eine Kritik an dem Text von Young Struggle herumgeschickt wurde: »Schon der ­Titel übernimmt die religiöse Sprache der Hamas«, hielt die E-Mail fest. Weiter wurde kritisiert, dass der Text von Young Struggle »keine eindeutige Verurteilung der grausamen Massaker an der Zivilbevölkerung« enthalte, obwohl der einzige Zweck des Angriffs vom 7. Oktober das Ermorden möglichst vieler Jüdinnen und Juden gewesen sei.

Diese E-Mail lag dem Nutzer:innen­plenum vor, das sich für eine Absage der Raumnutzung entschied: »Unsere Position war, dass der Beitrag von YS eine Verharmlosung des Massakers darstellt«, so Christian von der ISO. »Ohne eine klare Distanzierung von diesem Artikel dürfe eine Veranstaltung nicht stattfinden, auch wenn die Veranstaltung sich nicht mit dem Nahost-Konflikt beschäftigt.« Aber die wurde verweigert. Das OAT brachte eine allgemeine Erklärung gegen Antisemitismus und Rassismus, »nicht jedoch eine Distanzierung von dem Artikel, insbesondere der Verharmlosung des Massakers«, so Christian. »Dieses war der ausschlaggebende Punkt, warum die meisten Teilnehmenden des Plenums für eine Absage stimmten.«

Lediglich eine Gruppe votierte bei dem Plenum gegen die Absage und für die Party. In einer »Stellungnahme zur Absage des Centro Sociale: Gegen jegliche Repression wegen Palästina-Solidarität« werden Verfolgung durch den Staat und die Raumabsage erneut gleichgesetzt. »Dem Staat und den Antideutschen ist es egal, wie ›glaubhaft‹ sich Gruppen von der Hamas distanzieren. Das Problem liegt grundsätzlich in der Palästina-Solidarität.«

Eine Auseinandersetzung mit der Begründung der Raumabsage ist dies nicht. »Die Veranstaltenden haben in ihren Netzwerken behauptet, die Absage sei aufgrund der palästinasolidarischen Position erfolgt, dies ist ausdrücklich falsch«, so Christian von der ISO. »Es wurde explizit formuliert, dass es keine Entscheidung gegen palästinasolidarische Positionen sei, sondern lediglich gegen eine menschenverachtende Verleugnung von extremer Gewalt.«