Türkisch-deutsche Linke hetzen mit Islamisten und arabischen Nationalisten gegen Israel

Die Politik der Israelkritik

Deutsche Politiker haben die hiesigen Islamverbände aufgefordert, sich von der Hamas zu distanzieren, doch die üben sich in relativierender Äquidistanz. Sie haben die Erfahrung gemacht, dass dies in Deutschland ausreicht, um die eigene Position als politischer Ansprechpartner nicht zu gefährden.
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Auch die Vertreter der deutschen Islamverbände beherrschen den Jargon der Israel-Kritik. So warnte die türkisch-islamische Ditib in einer Pressemitteilung am 8. Oktober, einen Tag nach dem Massaker der Hamas im Süden Israels, vor einer »Gewalteskalation«. In bester Manier der Äquidistanz werden beide »Konfliktparteien« zu »Besonnenheit und Mäßigung« aufgerufen.

In den etwa 960 Moscheegemeinden der Ditib, die der türkischen Religionsbehörde Diyanet untersteht, wurde in der Freitagspredigt vom 13. Oktober zum Frieden aufgerufen, statt die Voraussetzung für einen solchen Frieden zu nennen, nämlich das Ende der Hamas. Die Islamverbände gehen davon aus, dass solche Friedensappelle genügen, um auch weiterhin politischer Ansprechpartner im »interreligiösen Dialog« bleiben zu können.

Zwar verkündete die innen- und religionspolitische Sprecherin der Grünen, Lamya Kaddor, vergangene Woche, es werde kein »weiter so« mit den Islamverbänden geben, und auch die religionspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Sandra Bubendorfer-Licht, sagte: »Wer Terror nicht klar benennt, kann kein Ansprechpartner in der deutschen Bildungspolitik sein.«

Noch mögen Linke und antirassistische Identitätspolitiker keine direkten Verbindungen zu den Islamverbänden pflegen, ohne Zweifel bestehen jedoch inhaltliche Überschneidungen.

Dass solche Worte konsequenzlos verhallen, wissen die deutschen Islamverbände allerdings, denn sie werden für die Beibehaltung des sinnfreien Dialogs gebraucht. Schließlich wird voraussichtlich auch der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan, den die Bundesregierung ebenso wenig brüskieren will, am 17. November in Deutschland empfangen werden, obwohl dessen Regierung die Hamas nicht einmal als eine terroristische Organisation einstuft, ja Erdoğan sie sogar als »Befreier« bezeichnet.

Anders hingegen geht man in Deutschland mit dem am 2. November verbotenen Verein Samidoun um. Unter dessen Führung bilden migrantisch geprägte antiimperialistische Gruppen wie »Mi­grantifa« und insbesondere türkisch-linke Splittergruppen wie Bir-Kar und die Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland (ATİF) gemeinsam mit arabischen und türkischen Nationalisten einen antiisraelischen Mob, der auf Deutschlands Straßen sein Unwesen treibt.

Noch mögen Linke und antirassistische Identitätspolitiker keine direkten Verbindungen zu den Islamverbänden pflegen, ohne Zweifel bestehen jedoch inhaltliche Überschneidungen. Die äußern sich in ihren antiisraelischen Parolen und Vernichtungsphantasien gegen den Judenstaat. Das »From the river to the sea, Palestine will be free« ähnelt den Äußerungen des Leiters der türkischen Religionsbehörde Diyanet, der in der Freitagspredigt vom 13. Oktober behauptete, Israel sei »ein rostiger Dolch im Herzen der islamischen Geographie«.

Dennoch: Die türkisch-linksradikalen Gruppen hierzulande stehen nicht in islamistischer Tradition, sondern in jener der türkischen Linken, die in die frühen siebziger Jahre zurückreicht. Damals besuchten, ähnlich wie die RAF, linke Studentenführer wie Deniz Gezmiş in der Bekaa-Ebene im Libanon die Ausbildungslager der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO).

Neben Gezmiş gehört zu den Säulenheiligen der türkischen Linken auch Mahir Çayan, Mitgründer der marxistisch-leninistischen THKP-C. Er war im Mai 1971 an der Entführung und Ermordung des israelischen Generalkonsuls in Istanbul, Efraim Elrom, beteiligt. Dieser war Antifaschist und Shoah-Überlebender und hatte im Prozess gegen Adolf Eichmann eine wichtige Rolle gespielt, doch war der Lebenslauf des Opfers kein Grund, nicht zur Tat zu schreiten.

In den Vereinsräumen von Samidoun hängt ein Porträt von Çayan. Denn wenige Wochen nach der Ermordung Elroms umzingelten türkische Polizisten Çayans Versteck. Er starb, wie es bis heute in linkstürkischen Kreisen verklärt wird, den »Heldentod«, weil er sich der Festnahme widersetzte und erschossen wurde.

»Migrantifa«-Gruppen mögen von solchen Hintergründen nichts wissen wollen und auch nicht davon, dass viele türkische Juden nach 1948 nach Israel ausgewandert sind, um vor türkisch-nationalistischem oder islamischem Antisemitismus sicher zu sein. Erstaunlich ist deswegen, wie sich ihre Mitglieder an einer israelsolidarischen Linken stören und darauf hinweisen müssen, (anti-)deutsche Linke seien »familiär in die Shoah-Täterschaft verstrickt« und deswegen israelsolidarisch.

Längst ist dank der Arbeiten von Corry Guttstadt und anderen bekannt, wie der türkische Staat in den 1940er Jahren im europäischen Ausland lebenden türkischen Juden die Staatsbürgerschaft aberkannte und so zur Deportation durch die Nazis freigab. So starben mehr als 2 500 türkische Juden in den Vernichtungslagern; das Gros der Überlebenden wanderte nach Israel aus.

Könnten die Mitglieder von »Migrantifa«-Gruppen also nicht ebenfalls »familiär in die Shoah-Täterschaft verstrickt« sein? Anstatt sich solche Fragen zu stellen, bejubelte die Ortsgruppe Rhein-Main die Angriffe der Hamas und schrieb, die Terroristen hätten sich bloß »verteidigt«. Mit solchen Rechtfertigungen reiht sie sich unter eben jene ein, die in diesen Tagen gegen Israel mobil machen.