Das neue Konzept der Bundesregierung für staatliche Gedenkstätten wird scharf kritisiert

Claudia Roths Erinnerungseintopf

Ein neues »Rahmenkonzept Erinnerungskultur« der Bundesregierung wird scharf kritisiert. Die Dachverbände der Gedenkstätten warnen vor einem »Paradigmenwechsel« und der Verharmlosung der NS-Verbrechen.

Claudia Roth, Bundesbeauftragte für Kultur und Medien (BKM), ruft wieder einmal Kritiker auf den Plan. Anfang April schickten die Vertreter sämtlicher Dachverbände der Gedenkstätten zur NS- und SED-Zeit ein gemeinsames Schreiben an Roth. Sie kritisierten darin Roths »Rahmenkonzept Erinnerungskultur«. Das Papier aus dem BKM könne »geschichtsrevisionistisch im Sinne der Verharmlosung der NS-Verbrechen« aufgefasst werden, verkünde »einen geschichtspolitischen Paradigmenwechsel« und verabschiede sich vom bisherigen Konsens, dass NS-Verbrechen und SED-Unrecht nicht bagatellisiert werden dürfen.

Bei dem im Februar vorgelegten Entwurf, der der Jungle World vorliegt, handelt es sich um die 2021 beschlossene Überarbeitung der Gedenkstättenkonzeption von 2008. Er sieht vor, dass die staatliche Gedenkkultur sich nicht mehr wie bisher auf die zwei Themenfelder NS-Herrschaft und SED-Diktatur konzentrieren, sondern zusätzlich »Kolonialismus«, »Erinnerungskultur und Einwanderungsgesellschaft« sowie »Kultur der Demokratie« bearbeiten solle. Die Shoah spiele weiterhin eine »einzigartige Rolle« und auch die DDR-Verbrechen blieben wesentlich, heißt es, aber die tragenden Institutionen einer »dynamischen Erinnerungskultur« hätten »pluralen Perspektiven gegenüber aufgeschlossen« zu bleiben.

Zu diesem Zweck sollen unter anderem Lern- und Gedenkorte entstehen, die an die Kolonialzeit, an Rassismus und die Verdienste der Gastarbeiter erinnern. Außerdem soll ein digital zugängliches Archiv zu rechtsextremer Gewalt und den Anschlägen von Hanau und Halle eingerichtet werden. Bis zum Sommer soll aus dem vorläufigen Papier nach Austausch mit Gedenkstätten und Initiativen ein fertiger Gesetzentwurf zur Vorlage beim Bundestag entstehen.

Einwanderer erscheinen im Entwurf für das »Rahmenkonzept Erinnerungskultur« plötzlich kollektiv als eine Art zeitlich verschobener NS-Opfer.

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