Armut in der Welt

Wahrlich interessant ist ein kürzlich erschienener Bericht des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen, der eine Reihe wichtiger Auskünfte gibt. Und er zeigt sich insofern sehr optimistisch, als er besagt, daß die Armut in der Welt in wenigen Jahrzehnten ausgerottet werden könnte.

Woher dieser Optimismus? Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet: "Hoffnung mache, daß die Armut in den vergangenen 50 Jahren stärker abgenommen habe als in den vorangegangenen fünfhundert, sagte Richard Jolly, Hauptautor und Koordinator des Berichts in Bonn. Die Entwicklungsländer hätten ihre Kindersterblichkeit seit 1960 halbiert, die Mangelernährung um ein Drittel gesenkt und die Anzahl der Schulbesucher um ein Viertel erhöht. Die dritte Welt habe in 30 Jahren erreicht, wofür die Industrieländer hundert Jahre gebraucht hätten."

Jedoch wird andererseits festgestellt: "Bezogen auf die Bevölkerungszahl sollen die meisten Menschen in Armut in Afrika leben. 220 Millionen gelten in Afrika als arm, nach den Schätzungen soll jeder zweite Mensch südlich der Sahara im Jahre 2000 weniger als die Hälfte des Durchschnittseinkommens verdienen, gilt also, gemessen am Einkommen, als arm."

Auch haben sich die Vereinten Nationen nicht mit der einfachen Untersuchung von Einkommen und Hunger zufrieden gegeben. Sie haben noch ein anderes Maß gewählt. Neben dem geringen Einkommen gibt es doch noch einen anderen Indikator für Armut. Kriterium ist, ob Menschen ein langes und gesundes Leben führen, ausgebildet sind und einen angemessenen Lebensstandard (Trinkwasser, medizinische Versorgung und vernünftige Ernährung) haben.

Wählt man diesen Maßstab, dann ergibt sich nach dem Bericht der FAZ: "Danach lebt jeder zweite in Niger, Sierra Leone, Burkina Faso, Äthiopien, Mali, Kambodscha und Mocambique in Armut. Fortschritte werden in Trinidad und Tobago, Kuba, Chile, Singapur und Costa Rica bescheinigt. Dort soll nur noch jeder zehnte in diese Armutskategorie fallen."

Dieser Maßstab kann auch auf die Staaten der sogenannten Ersten Welt angewendet werden. Dazu heißt es ebenfalls in der FAZ: "Danach ist Deutschland 1997 vom 18. auf den 19. Platz zurückgefallen. Die sechs Länder mit dem höchsten Lebensstandard seien Kanada, Frankreich, Norwegen, die Vereinigten Staaten, Island und die Niederlande."

Und nun etwas ganz Erstaunliches. Der Artikel endet mit: "Bundesentwicklungsminister Spranger (CSU) sagte, die Aussagen des Berichts deckten sich im wesentlichen mit der deutschen Analyse."

Gemessen also am Wohlstand in der Ersten Welt steht Deutschland auch nach Ansicht des zuständigen Ministers an 19. Stelle und ist damit 1997 um einen weiteren Platz abgefallen. Vor 15 Jahren stand es noch viel weiter vorn.

Es ist nicht schwer vorauszusehen, daß unter der Regierung Kohl Deutschland 1998 um mindestens einen Platz, wenn nicht mehr, weiter zurückfallen wird. Es ist auf dem Wege zur sogenannten Dritten Welt.