Die Skulptur des Sponsoring

Das Gesicht einer Versicherung - Privatmuseum mit öffentlichem Auftrag: Sabine Breitwieser von der Generali Foundation Wien

Der Generali-Versicherungskonzern leistet sich seit zehn Jahren - europaweit einmalig - ein eigenes Museum, die Generali Foundation in Wien, die von Sabine Breitwieser (36) geleitet wird. Diese Einrichtung avancierte zum korporativen Prototypen im Kulturbereich: Sie trägt nicht nur zum Image-Gewinn des Unternehmens bei, sondern übernimmt auch Aufgaben, die bislang von staatlichen Museen wahrgenommen wurden. Was wird hier privatisiert: die Kunstgeschichte oder das Kulturstaatsprinzip?

Es begann eigentlich sehr unspektakulär. Als 1988 die Generaldirektion der EA-Generali-Versicherungsgruppe ein neues Haus in Wien bezog, sollten die Büros mit Kunst ausgestattet werden. Haben Sie sich um diesen Job beworben?

Ich habe zu dieser Zeit bei einer freien Künstlergruppe gearbeitet, die einen selbstorganisierten Ausstellungsraum in Wien betrieb. Wir haben sehr früh versucht, Partner aus der Privatwirtschaft für unsere Projekte zu gewinnen. Für ein größeres Projekt konnte ich die Generali-Versicherung gewinnen, die sich zu dieser Zeit mit dem Gedanken trug, eine eigene Kunstsammlung aufzubauen. Einer der Manager, der noch heute im Vorstand der Generali Foundation ist, hat mir den Job angeboten.

Die vom Konzern als Verein gegründete EA-Generali Foundation sollte zunächst die zeitgenössische Kunst mit Schwerpunkt österreichische Skulptur fördern und dafür eine Sammlung aufbauen. Waren bereits Bestände vorhanden oder haben Sie alles neu eingekauft?

Das ursprüngliche Konzept der Foundation war es, eine Sammlung zeitgenössischer österreichischer Skulptur aufzubauen. Darunter verstand man die Produktionen der mittleren Generation der achtziger Jahre sowie historisch-klassische Werke, die bis zu Fritz Wotruba und seiner Schule zurückreichen sollten. Parallel dazu wollte man Papierarbeiten junger österreichischer Maler ankaufen.

Es waren keine Bestände vorhanden. Ein dreiköpfiger Kunstbeirat wurde für Ankaufempfehlungen eingerichtet. Ich war mit den Ergebnissen der ersten Ankäufe nicht zufrieden. Die Generali war im Glauben, mit diesem Konzept ein einzigartiges Profil zu erlangen, obwohl in der unmittelbaren Umgebung eine Bank mehr oder weniger das gleiche Konzept verfolgte. Ich habe zunächst begonnen, ortsspezifische Ausstellungen in meinem Büro zu organisieren. Damit wollte ich eine unmittelbare Auseinandersetzung mit der aktuellen Kunstpraxis erreichen. Nach etwa drei Jahren wurde ich zur Geschäftsführerin und Künstlerischen Leiterin bestellt und der Kunstbeirat wurde nach meinen Vorschlägen neu und temporär besetzt.

Heimo Zobernigs 1989 aufgestellte Skulpturen stießen auf heftigen Widerstand bei den Mitarbeitern, eine Skulptur wurde sogar anonym nachgebaut. War die von der Konzernspitze proklamierte neue Unternehmenskultur, die sich in der Auseinandersetzung der Mitarbeiter mit zeitgenössischer Kunst ausdrücken sollte, nicht ein Mißverständnis?

Ich hatte und habe noch immer die Aufgabe, Kunst in einem Firmengebäude zu präsentieren. Natürlich handelt es sich bei einem Bürogebäude um kein Museum, wie gut auch immer die Architektur ist. Bürogebäude sind für die Präsentation von Kunst nur bedingt geeignet, außer man ist daran interessiert, die korporativen Strukturen in irgendeiner Form zu reflektieren. Von Heimo Zobernig präsentierte ich eine seiner "simplen" Skulpturen - zwei gekreuzte Preßspanplatten -, welche die übliche Das-kann-ich-auch-Reaktion provozierte.

Tatsache ist, daß die Auseinandersetzung mit Kunst zu Kontroversen geführt hat, die produktiv sind. Tatsache ist auch, daß vor dem Hintergrund der aktuellen Arbeitsmarktsituation jede Investition, die außerhalb der Kernaufgaben liegt, kritisch betrachtet wird. In den letzten Jahren ist außerdem zu beobachten, wie sehr der Leistungsdruck die Arbeitnehmer zwingt, sich auf ihre Aufgaben zu konzentrieren und alles andere am besten zu vergessen.

Warum fördert ein Konzern gerade die bildende Kunst? Verspricht der Musik- oder Theaterbereich nicht höhere Akzeptanz und Aufmerksamkeit?

Bildende Kunst erfüllt für eine Versicherung mehrere Funktionen. Zunächst verleiht es einer Versicherung, die mit dem nicht visuell in Erscheinung tretenden Produkt "Schutz" handelt, ein Gesicht. Bildende Kunst hat Imagewerte, die einer Versicherung wie der Generali fehlen: innovativ, modern, aufgeschlossen, kommunikativ, usw. Die Bereiche Theater und Musik werden offensichtlich mit Eigenschaften assoziiert, die nicht so stark angestrebt werden. Entscheidungen im Sponsorbereich basieren auf Untersuchungen, die immer wieder überprüft werden. Wichtig ist die Unverwechselbarkeit, das Profil.

Doch das führt natürlich zu wenig Erfolg, wenn es an der Rezeption mangelt. Ich mache in der Foundation kein Quotenprogramm. In Relation zu unserem Programm haben wir jedoch sehr gute Besucherzahlen. In letzter Zeit wird mir allerdings von den Generali-Entscheidungsträgern zunehmend die Vorgabe in Richtung "mehr Öffentlichkeit" gemacht. Ein Ziel, das ich durchaus teile und auch selbst anstrebe. Wenn es mir gelingt, unser Programm ohne große Kompromisse an wirklich breite, differenzierte Publikumsschichten heranzutragen, dann lasse ich mir das Konzept patentieren.

Wann war Ihnen klar, daß die Begrenzung auf Österreich nicht mehr haltbar ist, seit der Installierung eines internationalen Kunstbeirats?

Von Anfang an. Ich halte nichts von national ausgerichteten Konzepten. Nie hat man von mir eine Ausstellung wie "Aktuelle Skulptur in China" gesehen. Allerdings zählt Österreich nicht gerade zu den größten und vielfältigsten Nationen. Die österreichische Kunstszene kochte ohnehin lange Zeit, bedingt durch den Ost-West-Konflikt, zu sehr in der eigenen Suppe.

Die Erweiterung auf internationale Kunst Anfang der neunziger Jahre drückte sich in einer Reihe von Ausstellungen und Projekten aus, die im öffentlichen Raum und in anderen Institutionen realisiert wurden. Waren Sie als Kooperationspartnerin akzeptiert oder als Konkurrentin mißtrauisch beäugt?

Ein erster Schritt war die Ausstellung "gemischtes Doppel" 1992 in der Wiener Secession. Ich führte mit dem Beirat eine rege Diskussion, wie die Sache weiterentwickelt werden könnte. Anstatt der geplanten Sammlungspräsentation in der Wiener Secession entwickelten wir eine Ausstellung, die den Diskussionsstand um die Sammlung reflektierte, um Fragen wie national/international und "Was ist aktuelle Skulptur". Die Foundation hatte zu dieser Zeit, vor allem durch die Ausstellungen in meinem ehemaligen Büro, bereits ein relativ eigenständiges Profil. Die Identität war nicht mehr allein die eines Sponsoringinstrumentes, sondern ging schon mehr in Richtung Kunstinstitution. Insofern traten zum ersten Mal Konflikte mit unserem damaligen Partner, der Wiener Secession, auf.

Was war der Grund, 1995 eigene Ausstellungsräume mit Archiv und Depot zu eröffnen, das Bestreben nach Institutionalisierung? Eine Kooperationspraxis mit anderen Institutionen wie bis dahin hätte es ja auch getan, zumal die Foundation nun auch räumlich ganz vom Mutterhaus abgekoppelt ist.

Die Diskussion um eigene Ausstellungsräume hat sich unmittelbar aus dem Raumbedarf für die Sammlung ergeben. Die Variante der Leihgabe an eine öffentliche Institution in Österreich erschien wenig attraktiv. Mit der Eröffnung des eigenen Hauses konnte sich die Foundation erst richtig entfalten. Das Konzept eines Museums zeitgenössischer Kunst mit einem internationalen Ausstellungsprogramm, das mit der Entwicklung einer Sammlung verknüpft ist, einen öffentlich zugänglichen Studienraum anbietet und natürlich über Infrastruktur wie Büro, Kunstdepot etc. verfügt, ist mit unseren Anfängen Ende der achtziger Jahre nur bedingt vergleichbar. Aus meiner Sicht und auch aus der Wiener Perspektive heraus gab es wirklichen Bedarf für eine Institution mit derartigen Einrichtungen.

Tatsache ist, daß wir vom Mutterhaus, wenn man das so nennen will, örtlich mehr getrennt sind. Das trifft auch für andere Unternehmen des Generali-Konzerns zu. Diese örtliche Distanz hat natürlich zur Folge, daß wir von der Unternehmensleitung und der Belegschaft weniger wahrgenommen werden. Das hat Vor- und Nachteile, mehr Autonomie versus schwierigere Vermittlung unserer Angebote und Leistungen. Wir müssen mehr daran arbeiten, daß die Foundation das, wodurch der Konzern profitiert, wahrgenommen wird. Internes Marketing ist plötzlich ein Thema geworden.

Was recht bescheiden und konservativ als hauseigenes Art Consulting anfing, steht mittlerweile in Österreich als einzigartige, ausschließlich privat finanzierte Institution da.

Für die Foundation stellt sich aktuell die Frage, wie wir unsere Qualität auch in den nächsten Dekaden, wie wir die Bereitschaft der Generali, sich eine Foundation zu leisten, am Leben halten können.

Wie man in der Wiener Kunstszene hört, halten Sie die Zügel sehr straff in der Hand. Auch kümmern Sie sich nicht groß um die anderen Ausstellungshäuser.

Als ich an den ersten Konzepten für das neue Haus gearbeitet habe, war die Kunstlandschaft in Wien sehr dünn besiedelt. Heute dagegen besteht ein sehr vielfältiges und reichhaltiges Angebot an Ausstellungen und Veranstaltungen zur zeitgenössischen Kunst. Als WienerIn fürchtet man sich beinahe, in der Post wieder die Ankündigung eines zweitägigen Symposions an einem der wenigen Nicht-Arbeits-Wochenenden zu finden. Ich beobachte sehr genau das Programm der anderen Häuser in Wien und natürlich auch von den wesentlichen Institutionen im Ausland. Die Programme der einzelnen Institutionen beeinflussen einander gegenseitig, sei es auch im negativen Sinn.

In Wien haben wir jedoch die Situation, daß die Aufgabenstellung einzelner Institutionen oft nicht klar erkennbar ist bzw. sich einige darin zu gleichen scheinen. So gibt es beinahe ein Überangebot an zeitgenössischer Kunst, im Gegensatz zu historischen Ausstellungen. Das Konzept der Generali Foundation ist insofern eine Besonderheit, daß wir wie eine Kunsthalle auftreten, aber de facto als Museum operieren, d.h. die Aktualität einer Kunsthalle wird mit den Zielsetzungen, Aufgaben und Instrumentarien eines Museums verknüpft.

Neben Andrea Fraser, Dan Graham oder Isa Genzken stehen besonders Valie Export und Gordon Matta-Clark im Mittelpunkt der Sammlung. Dazu stießen noch Mary Kelly und Martha Rosler. Aus der österreichischen Szene sind Matthias Poledna und Rainer Ganahl Ihre Protegés. Ein recht heterogenes Feld mit hohem Künstlerinnenanteil, was ist die Leitlinie Ihres Programms?

Die Sammlung ist im Gegensatz zu den Aufträgen der staatlichen Institutionen nicht darauf ausgerichtet, einen Überblick über ein breites künstlerisches Schaffen zu bieten. Nach den Erfahrungen der ersten Jahre wurden Schwerpunkte gesetzt, die konsequent verfolgt und sukzessive erweitert werden.

Ich versuche, die der Foundation in die Wiege gelegte Thematik Skulptur entsprechend den historischen Gegebenheiten und der aktuellen Praxis umzusetzen. Im Sinne einer konzeptuellen Auffassung des Skulpturenbegriffes nehmen die Medien Film, Fotografie, Installation und Video einen besonderen Stellenwert ein. Wir beschäftigen uns mit Thematiken wie dem Grenzbereich zu Architektur und Design sowie Positionen, welche die Rolle der Medien und ihre gesellschaftlichen Parameter hinterfragen.

Ich habe eine Reihe von wichtigen Positionen aufgearbeitet, die in den Institutionen aus oft unerklärlichen Gründen nicht entsprechend repräsentiert werden. Valie Export, Dan Graham und Gordon Matta-Clark zählten bis vor einigen Jahren noch dazu. Ich habe in der Generali Foundation 1995 die erste Filmretrospektive von Valie Export in Wien veranstaltet. Obwohl im Ausland schon vor einiger Zeit Präsentationen stattgefunden hatten - 1987 in London und San Francisco, 1988 in New York -, interessierte sich in Österreich offensichtlich keine Institution dafür. Übrigens sind auch Positionen wie Heimo Zobernig und Franz West in öffentlichen Sammlungen in Wien nicht wirklich vertreten.

Die Frage des Anteils von Künstlerinnen war für das Ausstellungsprogramm nie ein Thema, für die Sammlung zu einem gewissen Moment sehr wohl. Die starke Präsenz von Künstlerinnen ergibt sich schon wegen der Thematiken, mit denen wir uns beschäftigen. "Post-Partum Document" von Mary Kelly geschlossen zu sehen, war nicht nur ein Erlebnis, sondern vor allem ein wichtiger Beitrag zur Rezeption der Konzeptkunst. Ähnlich liegt der Fall bei Martha Rosler. Beide übrigens Künstlerinnen, die in gewissen Kreisen sehr stark rezipiert werden, in den großen Themenausstellungen aber nicht präsent waren.

Da die staatliche Förderung in Österreich zurückgefahren wird, steht die Foundation, die über Werkverträge und Auftragsarbeiten die freie Szene mitfinanziert, auf einmal unangefochten da. Wie setzten Sie diese Monopolstellung ein, machen Sie Druck auf Bundeskuratoren, Museen und Ministerien?

Österreich zählt zu den Ländern, in denen Kunst vorwiegend mit öffentlichen Geldern ermöglicht wird. Privatsammlungen sind erst in den letzten Jahren wieder im Entstehen. Die historischen Privatsammler kamen ja überwiegend aus der jüdischen Gesellschaft. Die Foundation hat bei Auftragsarbeiten keinesfalls eine Monopolstellung. Ganz im Gegenteil. Viele KünstlerInnen finanzieren sich durch staatliche "Kunst am Bau"-Aufträge. Dort stellen sich Fragen der Qualität und Vermittlung.

Der Generali-Konzern war als erster großer Versicherungskonzern bereit, Entschädigungen in Millionenhöhe an jüdische Versicherungsnehmer zu bezahlen. Berührt diese Problematik Ihre Arbeit?

Ich arbeite mit großteils sehr kritischen, politisch orientierten KünstlerInnen, darunter natürlich auch einigen jüdischer Herkunft, die über die aktuelle Entwicklung sehr gut informiert sind. Einigen KünstlerInnen wurden von Künstlerkollegen Zeitungsartikel darüber zugeschickt. Ich habe das eine oder andere Mal mit KünstlerInnen darüber gesprochen, es gab aber nie ein Problem. Mir ist es, wie allen in der Generali, ein Anliegen, daß diese Fragen rasch gelöst werden.

Sie haben in einem programmatischen Text davon gesprochen, daß die Generali Foundation sämtliche Aufgaben eines Museums erfülle und als solches ein kultureller Produzent sei. Werden in einem solchen Anspruch nicht die Grenzen zwischen Kulturstaatsprinzip und privatwirtschaftlichen Konzerninteressen verwischt?

In diesem Text wollte ich vor allem betonen, daß sich unsere Rolle nicht auf das Erhalten und Bewahren beschränkt, sondern wir die Rolle eines aktiven Produzenten einnehmen. Das Museum an sich ist aber natürlich schon Produzent, nämlich Produzent von anerkannten Werten. Und hier besteht tatsächlich ein Interessenskonflikt. Denn, wie Benjamin Buchloh gesagt hat, das Museum steht als Produzent im Konflikt, ob es seine Produktion bewahrt und erhält, oder ob es diese verlöschen läßt.

Es herrscht Übereinkunft, daß es einen Kulturauftrag des Staates gibt. Dieser hat die Pflicht, sich um die Kunst und Kultur in seinem Land zu kümmern. Daraus haben sich heute durchaus kritisch betrachtete Konzepte entwickelt, wie z. B. die von Nationalausstellungen, mit denen sich die jeweilige Nation und deren Repräsentanten schmücken. KünstlerInnen werden hier ins Rennen geschickt, um einer Nation einen besonderen Stellenwert, ein besonderes Image zu verleihen.

Die offiziellen Riten bei derartigen Veranstaltungen laufen oft nicht unähnlich ab wie bei großen Sponsorveranstaltungen der Privatwirtschaft. Es besteht jedoch ein kleiner Unterschied. In der Privatwirtschaft werden die Interessen und Ziele klar und deutlich formuliert. Inzwischen verlangen die Verwalter der öffentlichen Gelder Erfolgsnachweise, ähnlich wie Sponsoren. Am Ende hängt es immer noch von Einzelpersonen ab, ob sich diese mit einer Materie identifizieren können, ob sie einen Zugang dazu haben oder nicht. Ob ich den Bundeskanzler oder den Vorstandsvorsitzenden eines Versicherungskonzern überzeugen muß, macht keinen großen Unterschied.

Anders als beim Sponsoring leistet sich hier ein Konzern ein eigenes Museum. Ist das ein Zukunftsmodell im Museumsbereich, die Privatisierung ideellen Eigentums?

Ich bezweifle, daß das Modell der Generali Foundation allgemein als Zukunftsmodell betrachtet werden kann. In Europa ist es sicher mehr eine Ausnahme denn die Regel. Tatsache ist aber, daß viele Unternehmen in Europa ihren Sponsor-Etat nicht einfach an die interessantesten Projekte verteilen wollen, sondern eigene Konzepte, eigenes Know-how entwickeln und diese oftmals institutionalisieren.

In den USA werden einzelne Ausstellungsräume in den Museen parzellenartig bestimmten Sponsoren verkauft und zugeschrieben. Das ist eine Entwicklung, die noch nicht in vollem Ausmaß bei uns etabliert ist, aber sicher kommen wird. Ich habe den Eindruck, wir sind schon mitten in dieser Entwicklung. Dabei ist allerdings zu hinterfragen, ob Kunst ausschließlich ein ideeller Wert zukommt, und wenn dies der Fall ist, ob dies dem Staat zukommen soll.

Wenn speziell Werke für die Foundation produziert werden, liegt da nicht die Überlegung nahe, sie erfüllten ein vorgegebenes, dem Konzernprofil dienendes Paradigma?

Diese Kritik wurde beim Projekt, das ich mit Andrea Fraser durchgeführt habe, laut. Fraser hat in meinem Auftrag eine Untersuchung über die Funktion der Kunst bzw. die der Foundation für den Generali-Konzern angestellt. In einer unserer letzten Ausstellung mit dem Titel "The making of", die Mathias Poledna organisiert hat, wurden ebenfalls ähnliche Stimmen laut. Außer im Falle Frasers wurde keine/r der KünstlerInnen aufgefordert oder angeregt, sich auf uns, die Foundation oder die Generali, zu beziehen. Offensichtlich ist unsere Realität jedoch eine, mit der sich die KünstlerInnen auseinandersetzen wollen. Handelt es sich doch um die Parameter ihres Berufsfeldes.

Ob derartige Projekte dem Firmenprofil der Generali dienen, möchte ich stark bezweifeln. Bei Haacke nimmt man nicht an, daß er z. B. mit seiner kritischen Arbeit über Peter Ludwig diesem nur zu Publicity verholfen hat. Haacke wurde von Ludwig natürlich nicht eingeladen oder gar finanziert, wie das bei unseren Aufträgen der Fall ist. Doch wie wir wissen, ist der Kreislauf des Geldes im Kunstbetrieb ein kleiner. Vielmehr wäre zu fragen, ob mit diesen Arbeiten ein interessanter künstlerischer Beitrag entstanden ist.

Das Ergebnis des Projektes von Andrea Fraser ist z. B. eine einzigartige Fallstudie über Kunstsponsoring, es gibt kein vergleichbares Dokument und daher greifen viele darauf zurück. Dorit Margreiter, Simon Leung, Nils Norman, Mathias Poledna haben für "The making of" Arbeiten entwickelt, die sich auf das Modell Foundation beziehen, aber für den Kunstbetrieb generell Aussagen treffen.

Die Kooperation zwischen Guggenheim und Deutsche Bank in Berlin ist ein abschreckendes Beispiel für die Privatisierungstendenz des Kulturellen. Ist die Generali Foundation der Vorbote eines neues Partikularismus?

Das ist eine interessante Frage. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß ein Unternehmen, welches sich durch Kunst profilieren möchte, genau das tut, was die anvisierte Kundenschicht will. Man könnte daher behaupten, daß das, was das Unternehmen zur eigenen - nennen wir es - "Bewerbung" tut, auch tatsächlich im Interesse der Gemeinschaft ist. Ausgenommen, das Unternehmen macht einen Fehler, z. B. es irrt sich in der Zielgruppe oder es setzt bewußt andere Maßnahmen. Welche Bevölkerungsgruppen will man ansprechen: breite, differenzierte oder oft nur schwer zu erreichende, aber meinungsbildende Schichten?

Die Situation in Deutschland ist gekennzeichnet von Wirtschaftlichkeit und Effizienzdenken. Die Hamburger Museen sollen eigenständig wirtschaften, und auch in der Beliner Stiftung Preußischer Kulturbesitz kursieren unter dem neuen Präsidenten Lehmann Überlegungen, die 17 Einzelmuseen in die verwalterische Selbständigkeit zu entlassen, damit sie flexibler agieren können. Fühlen Sie sich als Vorreiterin dieser Entwicklung?

Die verwalterische Selbständigkeit ist auf jeden Fall zu begrüßen. In Österreich wird derzeit die Teilrechtsfähigkeit der Museen eingeführt. Davon profitieren vor allem jene Häuser, die hohe Einkünfte aus Eintrittsgeldern zu erwarten haben. Über die Frage der öffentlichen Finanzierung ist mit der Selbständigkeit noch keine Aussage getroffen.

Die Foundation hatte von Anfang an eine eigene Struktur als gemeinnütziger Verein und hat sich selbst verwaltet. Neben den Mitgliedsbeiträgen sind zusätzliche Finanzquellen wie Eintrittsgeld, Buchverkäufe oder andere Kooperationen nicht wegzudenken. Ohne professionelle Verlagsarbeit könnte ich z. B. nicht diese doch relativ umfangreichen Publikationen herausgeben. In einem System wie dem Kunstbetrieb, dem es an objektivierbaren Kriterien mangelt, kann man sich auch mal über einen finanziellen Erfolg freuen. Diese Motivation ist auch nicht zu unterschätzen.