Millenniums-Countdown I

Quo vadis?

Das Gefühl kennen Sie bestimmt auch. Dass man, wenn man gerade eine Zigarette raucht, glaubt, sich jetzt unbedingt eine Zigarette anzünden zu müssen. Das ist ungefähr so, als ob man sich bei einer Folge von "Beavis and Butt-Head" nach einem guten Buche sehnte. Irgendwie ist es mit dem Millennium genauso. Man denkt, man sei schon im neuen Jahrtausend, dabei ist man mit dem alten noch gar nicht richtig fertig. Und das Schwierigste, was noch zwischen uns und dem Millennium steht, ist die anstehenden Silvesterparty.

An den vergangenen Silvesterterminen war das alles immer ganz übersichtlich geregelt. Bis zum November wartete man ab, was die anderen so machen, fing Anfang Dezember an, davon zu tönen, dass man in jenem Jahr höchstselbst ein Fest veranstalten würde, nur um dann Mitte Dezember die Sache wieder abzublasen und eine kurzfristige Einladung von wildfremden Menschen ins Umland anzunehmen. Oder um dann doch überraschend auf Holm Friebes Silvesterparty aufzutauchen.

In diesem Jahr ist die Lage jedoch etwas verzwickter. Eine eigene Party auszurichten wagt man nicht einmal mehr anzukündigen. Einladungen ins Umland fallen aus, weil jetzt alle nach Berlin fahren. Und in der Stadt selbst scheint es eigentlich gar keine Feste zu geben. Selbst Holm Friebe behauptet bis zum heutigen Tage standhaft, dass er heuer keine Party geben werde.

Schuld daran ist natürlich das Millennium. Runde Zahlen schüchtern die Leute eben ein. Oder hatten Sie etwa keine Angst vor Ihrem 30. Geburtstag? Und dann gleich was mit drei Nullen! Die vermeintliche Größe des Ereignisses treibt den üblichen Vergnügungszwang zum Jahreswechsel auf ein Niveau, das nicht mehr so leicht zu bewältigen ist.

Zwei Drittel der Deutschen, so las ich es neulich in einer der Zeitungen, die ich sonst nicht lese, wissen noch nicht, was sie an jenem Abend tun werden. Eine beeindruckende Zahl. Die können doch nicht alle zu Hause vor dem Fernseher sitzen bleiben? Oder mit Freunden von früher nach Dänemark fahren? Oder sich zum Scrabble treffen? Oder auf der Dachterrasse des Karstadt am Hermannplatz herumlungern? Oder einfach nur gut essen und sich sonst einen netten Abend machen?

Nein, wenn die Weihnachstformalitäten abgeschlossen sind, fangen die Leute an, die Nerven zu verlieren. Überall im Lande finden sich spontan private Krisenstäbe zusammen, hecken lustige Party-Ideen aus, und Sie werden kurz vor Schluss des Jahrtausends von Party-Einladungen nur so überschwemmt werden. Und ich bin mir sicher, dass auch eine von Holm Friebe dabei sein wird.