Leute, die mir auf den Sack gehen I

Armer Bruder

Der Bruder hat einen Kanzler. Na und! möchte ich sagen. Als ginge mir der Kanzler nicht genug auf den Sack, da brauch' ich nicht noch 'n Bruder.

Es war einmal, dass der Bruder des Kanzlers nicht allein Bruder des Kanzlers war, nein, er wurde arbeitslos. Das Privatfernsehen stürzte sich darauf, als ginge es um Maschendrahtzäune oder Sex mit toten Kindern. Es muss doch so sein, dass man als Kanzlerbruder reichlich zu tun hat. Wie kann man da arbeitslos werden? Man hat doch wie im Märchen zu leben, wenn man wegen seiner Genetik selbst fast eine Person der Zeitgeschichte ist.

Dieser Skandal wurde so oft, so lange und so fett erst erfunden, dann breit getreten, bis irgendwer die Schnauze voll davon hatte, die arme Sau des Kanzlers im Fernsehen zu sehen und ihm einen Job als Kanalarbeiter gab. Die Idee war klasse! Ab in den Untergrund mit dem, damit ihn niemand mehr sehen muss. Aber auch das wurde gesendet, viel zu oft. Der Kanzlerbruder stand halb im Gulli und gab von dort inhaltsleere Interviews. Mir ist dabei aufgefallen, dass der Mann sogar ein bisschen aussieht wie ein Penner. Ich würd' ihm gern mal mein Rasierzeug leihen.

Mittlerweile hat es die arme Sau des Kanzlers zum Gelegenheitsarbeiter auf Mallorca gebracht. Eine Saison lang im U-Boot Touristen in die Unterwasserwelt entführen. Auch diesen Sachverhalt weiß das Privatfernsehen uns als Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär-Geschichte zu verkaufen. Ha! Der Mann ist der totale Loser und nimmt eben jeden Job, den er kriegen kann. Und dass der Veranstalter dieser U-Boot-Touren eine gerissene Geschäftssau ist, die allein auf den Werbeeffekt einer Kaffeefahrt mit Pseudoprominenz setzt, darf man sich höchstens denken. Wenn man schon mit dem Kanzler nichts unternehmen kann, dann halt mit seinem Bruder, das ist doch was. Und da wissen deutsche Touristen was von zu erzählen.

Ich seh' das ja alles ganz anders und versteh' nicht, weshalb der Kanzlerbruder überhaupt arbeiten sollte. Der soll keinem den Arbeitsplatz wegnehmen, sondern von Kanzlers Salär mitleben und sich voll und ganz karitativen Zwecken widmen. Der soll in einem Krebsverein Aufkleber verteilen, mit Obdachlosen Tee trinken und auf Gehwegen Kothaufen zählen. Ab einem bestimmten Einkommen sollte den Verwandten ein Arbeitsverbot bei gleichzeitiger Zwangsehrenamtlichkeit erteilt werden. Wir hätten keine Probleme mit der Arbeitslosigkeit mehr. Und unser Sozialsystem wäre auf einen Schlag das, was ihm schon immer vorgeworfen wurde, das beste der Welt nämlich.