Mauerlied II

Das Lied von der Mauer

(teilweise nach der Melodie »Am Brunnen vor dem Tore« zu singen)

Wo sie war, da war Ruhe,
Idylle, Biotop.
Und kein Schwein störte sich an dem Bauwerk,
das sich durch die Straßen schob.

Architekturkritiker
bemängelten an ihm nichts,
und Anrainer erfreuten
sich des Durchgangsverkehrsverzichts.

Vögel überflogen,
Pollen querten bequem,
und Radiowellen passierten
die Mauer ohne Problem.

Das Leben war hüben und drüben
mit allen Dingens präsent,
mit teils konträrer Spezifik
und der Mauer als Trennelement.

Mag sein, sie war nur ein Remake
aus China und Jericho,
doch taugt diese Ahnenschaft weder
als Contra noch taugt sie als Pro.

Mag sein, sie war baulich kein Highlight
und ästhetisch ein Solitär,
mag sein, sie sprach eher gegen
als für die DDR.

Mag sein, die Geschichte hat sie
mit vollstem Recht kassiert.
Es bleibt die Idee der Mauer
davon eher unberührt.

Schnell ist eine Mauer zu mauern.
Schnell fällt sie auch wieder um.
Man mag dies oder jenes bedauern,
z.K. nehmen oder krumm.